Ich bin vergeben: sehr unglücklich vergeben

Ich suche mir einen Parkplatz in der hintersten Ecke. Bloß nicht erkannt werden. Wir sind ja hier “inkognito”. Ich fühle mich wie ein Teenie beim ersten Date. Abwechselnd heiß und kalt. Schmetterlinge im Bauch. Aufgeregt hoch zehn. Aber eben auch Engelchen und Teufelchen auf der Schulter.

Warum ich überhaupt hier sein kann, ohne, dass mein Freund sich fragt, was ich so treibe? Weil es ihn schon lange nicht mehr interessiert, was ich genau mache oder wo ich bin. Er ist oft den gesamten Samstag und Sonntag im Sinne seines Hobbys weg. Weg von zu Hause, weg von mir. Und ich darf zusehen wie ich mich beschäftige.

Ich schaue auf die Uhr. Zehn Minuten zu früh. Auf meinem Handy lese ich, dass du mir eine Nachricht geschrieben hast. Du bist bereits da und wartest am Eingang auf mich. Herz rutscht kurz in die Hose. Jetzt wird es ernst. Dieses Mal gebe ich dir keinen Korb.

Ich gehe also zum Eingang. Wahnsinn, wie viel Schnee hier noch liegt. Da ich das Ganze als “freundschaftliches Treffen” betitelt habe, entschied ich mich gegen ein Schickimicki Fünf-Sterne-Restaurant und wir finden uns vor einem Imbiss wieder. Unromantischer könnte das erste Date nicht ablaufen. Aber mir ist die Location völlig egal, als ich dich da plötzlich stehen sehe. Du hast dich verändert. Positiv! Aus dem knurrigen und grimmig guckenden Typen in viel zu tief hängenden Hosen ist ein stattlicher, attraktiver Mann geworden, der mich lächelnd anstrahlt. Du freust dich sehr, mich zu sehen und ich bin eigentlich völlig sprachlos und das bin ich weiß Gott sehr selten.

Wir umarmen uns. Früher unvorstellbar. Nie hätten wir uns freiwillig umarmt. Insgeheim hätten wir es vielleicht gewollt, aber damals reichte die Nettigkeit nicht mal dafür aus, dass wir einander ‘Guten Morgen’ wünschen konnten.


Weitere interessante Beiträge