Es fühlte sich an wie ein Battle

Die nächsten zwei Tage sah ich Marie nicht, hörte auch wenig von ihr, da sie auf der Arbeit viel zu tun hatte. Umso mehr hörte ich von Ben. Zwar schrieb er immer noch auf Tinder, doch wurden die Gespräche immer länger und intensiver und ich begann, ihn zu mögen. Sehr sogar. Zwar entsprach er rein äußerlich meinem Beuteschema nicht ganz, doch war ich beeindruckt von seinem Charakter – er schien zu wissen, was er wollte, wirkte intelligent, charmant, reif und erfahren und hatte diese gewisse Portion Humor. Er wirkte nicht wie ein One-Night-Stand, aber auch nicht wie der Typ, der gleich mit dem Heiratsantrag um die Ecke kommt. Er wirkte perfekt und ich hatte das Bedürfnis, ihn kennenzulernen.

Dieses Bedürfnis hatte allerdings auch Marie: Seit dem Abend, an dem sie zum ersten und letzten Mal geschrieben hatten, hatte sie ihn nicht vergessen. Sie fragte oft nach ihm, schickte mir in regelmäßigen Abständen Fragen, die ich ihm stellen sollte. Im Prinzip schrieben also zwei Frauen Ben und Ben mit zwei Frauen, nur wusste er davon nichts.

Dass ich Ben auch gerne kennenlernen mochte, wollte ich erst vor Marie geheim halten, doch an dem Tag, als Ben endlich nach einer Handynummer fragte, musste ich es Marie beichten. Mir graute es davor.

Wir trafen uns am späten Abend in unserer Lieblingsbar. Ich bestellte uns gleich zwei Gin Tonics, um die Stimmung aufzuheitern. Das erste Gesprächsthema war natürlich Ben. Das zweite auch, das dritte ebenfalls. Als wir dann beim dritten Gin Tonic waren, sprudelte es aus mir heraus: „Ich möchte Ben auch kennenlernen.“ Anders als erwartet, zuckte Marie nur mit den Schultern und sagte ganz locker: „Kein Problem, dann daten wir ihn eben gemeinsam.“ „Du meinst, ein Date zu dritt?“, sah ich sie ein wenig verständnislos an. „Ja“, klatschte sie in die Hände. „Du sagst ihm einfach, dass du eine Freundin zum Date mitnehmen willst, weil du schon schlechte Erfahrungen gemacht hast oder so.“ „Mit anderen Worten: Du bist mein Babysitter?“, lachte ich laut los. Mit einem „Ja“ stimmte Marie in mein Lachen ein. Unser Plan stand fest.

Zwei Tage später war es dann soweit. Auch wenn es erst etwas befremdlich war, ihn zu fragen, hatte Ben kein Problem damit, dass ich eine Freundin zum Date mitnehmen wollte. So trafen Marie und ich Ben in einem Restaurant, in das er uns eingeladen hatte. Es war kein besonders nobles Restaurant, aber für das erste Date genau die richtige Wahl. Marie und ich zwinkerten uns noch einmal kurz zu, bevor wir uns dem Tisch näherten, an dem Ben bereits auf uns wartete. Mit einem wunderschönen Lächeln. „Zwei Frauen auf einen Schlag“, begrüßte er uns beide mit einem Schmunzeln. Marie und ich setzten uns ihm gegenüber und ich weiß nicht genau, wie Marie in diesem Moment fühlte, aber ich fühlte nichts als Wärme und heftiges Bauchkribbeln. Maries Füße, die unter dem Tisch hin und her wippten, verrieten allerdings, dass sie ähnliches fühlte. Ben hingegen blieb ruhig. Auch in seiner Stimme, die das erste Wort ergriff, lag nicht ein winziger Hauch von Aufregung, geschweige denn überschwängliche Begeisterung.


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