Liebe wird aus Mut gemacht

Ich konnte nicht essen und nicht schlafen in diesen Wochen, keine Sekunde dieser Glückseligkeit wollte ich verpassen, nicht loslassen, wo doch schon die dunkle Wolke des Abschieds über uns schwebte und immer näherkam. Irgendwann war der Tag da und ich musste gehen. Man hatte mir schon während meiner Zeit in England eine Arbeitsstelle in meiner früheren Firma angeboten und alle freuten sich, dass ich wieder kam. Nur ich hatte ein mulmiges Gefühl. „Der Engländer“ und ich hatten oft darüber gesprochen, was wir tun könnten, um zusammen zu bleiben. Er sagte, er kann kein Deutsch und könnte in Deutschland nicht arbeiten. Und ich – ich war nicht mutig genug, um die Stelle wieder abzusagen und einfach zu bleiben. Einfach da zu bleiben, wo mein Herz hingehörte, wo ich den Menschen gefunden hatte, mit dem mich jeder Blick und jedes Wort immer enger verband. Es kam wie es kommen musste. Irgendwann kam dieser Tag. Ich musste abreisen. Ich musste diesen Menschen verlassen und in eine Zukunft reisen, von der ich wusste, dass ich so einen Menschen wohl nie wieder finden werde.

Noch heute erinnere ich mich mit Schmerzen, dass ich auf der ganzen Rückreise von der Busfahrt über den Flug nur geweint habe. Ich erinnere mich, noch Monate, ja Jahre später, gehofft zu haben, er ruft an, wenn sich am Telefon jemand auf Englisch meldete. Und ich erinnere mich zu genau, dass ich an allen Wendepunkten in meinem Leben an ihn dachte – als es in der Ehe nicht gut lief und ich schließlich die Scheidung einreichte, als ich später in weiteren Beziehungen traurig war und es irgendwie beendete, weil ich nicht glücklich war. Ich habe Angst, mein Leben lang noch nach dieser einen verrückt-glücklichen Liebe zu suchen. Einer Liebe, bei der ich diesem Mann versprochen hatte, wenn ich mal einen kleinen Jungen haben werde, er wird heißen wie er: David. Heute bin ich froh, dass ich keinen Jungen, sondern ein Mädchen bekommen habe, weil ich wenigstens dieses Versprechen nicht hätte brechen wollen.


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