Darf Liebe das?

Überall ist er. In jeder Kleinigkeit. Unsere anonyme Autorin ist noch immer nicht darüber hinweggekommen, was er – und ihre Freundin – ihr angetan haben

Ich konnte mir kein Leben ohne dich vorstellen und doch lebe ich jetzt genau das. Wir haben uns kennengelernt und sind zusammen groß geworden. Zuerst als Freunde, dann als Paar. Wir haben die wichtigsten Momente unseres Lebens zusammen erlebt.

Überall bist du, in jeder Kleinigkeit. Die Welt war uns nicht groß genug, jeder war Teil eines Plans. Ich höre Radio, da ist unser Lieblingslied. Ich sehe den Schrotthändler und erinnere mich daran, wie wir im Sommer auf der Bank im Garten gesessen, Eis gelöffelt und unser Traumhaus entworfen haben. Eines unserer Lieder war “The Best Is Yet To Come”, und genau das war unser Verständnis: das Beste lag immer noch vor uns. Stundenlang haben wir die Zukunft geschmiedet. Wir haben im Sommer nachts auf einer Decke draußen wach gelegen und uns die Sterne angeschaut und ich bin in deinem Arm eingeschlafen. Wir haben uns geliebt und gesagt, dass wir immer beieinander sein werden, egal was kommt. Immerhin hatten wir so lange dafür gekämpft, endlich ein Paar zu sein. Du hast mein Leben bunt gemacht. Falls uns irgendetwas jemals auseinandertreiben sollte, so haben wir gesagt, treffen wir uns in 30 Jahren wieder, wenn wir beide in der Mitte unseres Lebens stehen. An unserem Ort am See, wo wir unzählige Male bis spät in die Nacht gesessen haben. Vielleicht gehen wir ja zusammen hin, hast du gesagt.

Aber dann war alles anders. Wir konnten die Distanz, die aus unserer Beziehung eine Fernbeziehung machte, nicht mehr überbrücken. Ich habe dich nicht mehr bei mir gewusst. Ich weiß bis heute nicht, was dich so zurückhaltend hat werden lassen und wo wir falsch abgebogen sind. Ich entschuldige mich für jeden Fehler, den ich gemacht habe. Auch wenn du in unserem letzten Gespräch gesagt hast, dass es nicht meine Schuld war, dass alles so gekommen ist. Was war dann der Grund? Ich werde es nie verstehen. Jedenfalls habe ich um dich – um uns – gekämpft und mich auf den Kopf gestellt, aber es hat nicht gereicht. Seitdem haben wir uns nicht mehr gesehen.

Heute, Jahre und einige Erfahrungen später, bin ich immer noch fassungslos. Wieder und wieder suche ich nach Erklärungen und Entschuldigungen für dein Verhalten und finde einfach keine mehr. Mein Bild bröckelt, ich bin desillusioniert.


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