Als Single bin ich so viel besser …

Jahrelang war sie ein sehr glücklicher Single, jetzt ist sie vergeben und stellt fest, dass sie ein besserer Single als Beziehungsmensch ist. Unsere anonyme Autorin beschreibt den inneren Konflikt mit sich selbst

Seit fünf Monaten führe ich nun eine Beziehung. Endlich, könnte man behaupten, denn davor war ich Langzeitsingle. Jede Liebe, die sich anschlich, fuhr ich wie mein Vater seinen Porsche mit zu hoher Geschwindigkeit. Dabei ging viel verloren: echte Gespräche, ehrliche Worte, tiefe Blicke, innige Küsse, selbst ein simpler Atemzug. Und dann kam er. Er, bei dem ich mich von Anfang an eher wie mein Großvater in seinem silberfarbener Mercedes verhielt, dem hohe Geschwindigkeiten ein Fremdwort sind. Und so hat es dann funktioniert. Mit der Zeit, die ich mir für ihn und für uns nahm, entwickelte sich eine Freundschaft, eine Beziehung, eine Liebe und ein noch unausgesprochenes „für immer“ auf den Lippen. Und trotz aller Verliebtheit, aller Euphorie und der rosaroten Brille, die wie eine zweite Bindehaut auf meinen Augen klebt, musste ich feststellen, dass ich besser alleine als zu zweit bin.

An der Erkenntnis, zu der ich kam, trägt er keine Schuld. Denn er ist genau der Typ Mann, den ich, wenn man mich fragen würde, was meinen Traummann ausmacht, beschreiben würde. Das liegt nicht nur an seinem unverschämt guten Aussehen, sondern auch, sogar vielmehr, an seinem unheimlich liebevollen, aufmerksamen Charakter, seiner Art, mit mir zu reden, mir zuzuhören und für mich da zu sein, immer und überall. Manchmal sehe ich ihn an, streiche ihm mit den Fingern über sein kurzes Haar und merke, dass er sogar vielmehr ist, als ich mir jemals erträumt habe. Und wenn ich ihm dann ins Ohr hauche, dass ich ihn liebe und er leise aber sicher zurückflüstert, dass er mich auch liebt, überkommt mich ein Schauer von Kopf bis Fuß, der meinen Körper zum Beben bringt – ein wunderbares Gefühl.

An der Erkenntnis, zu der ich kam, trage ganz alleine ich die Schuld. Kein besonderes Ereignis, auch nicht das besagte Aha-Erlebnis führte zu dieser Feststellung. Vielmehr war es die Zeit, die langsame Fahrt in dem Mercedes, die mich nachdenklich gemacht hat. Zwischen all unseren Küssen, den langen Nächten und den Gebeten, die wir gemeinsam sprachen (ja, wir beten gemeinsam), wurde mir das Unbewusste bewusst: Ich bin ein besserer Single als ein Beziehungsmensch.


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