Bock. Männer und Sex – Ein Buchtipp

Nachdem Katja Lewina in ihrem ersten Buch „Sie hat Bock“ über alle Klischees, Mythen und Tabus rund um weibliche Sexualität geschrieben hat, sind nun die Herren der Schöpfung an der Reihe. Was ist los mit den Männern? Und was wollen sie wirklich?

Gleich beim ersten Mal ein Masturbator!

Damit ist Ole eindeutig ein Exot. Hilfsmittel beim Solo-Sex sind schon rein statistisch betrachtet eher Frauensache – während die Absatzzahlen von Vibratoren, Womanizern und anderen speziell für das weibliche Geschlechtsteil hergestellten Toys Jahr für Jahr steigen, sieht es auf dem Markt für männliche Masturbationshilfen eher mau aus. Über den wahrscheinlichsten Grund dafür haben wir schon gesprochen: Männer wissen im Gegensatz zu Frauen oft schon aus den Erfahrungen in ihrer Kindheit und Jugend viel besser, wie sie sich anfassen müssen, damit es kracht. Und wenn sie doch noch mal ein abgefahrenes Teil ausprobieren, dann eher, weil mit wachsender Erfahrung die Lust auf Neues wächst und nicht, weil sie allein nicht weiterkommen.

Ein kürzlich auf den Markt gekommenes Produkt verspricht zum Beispiel einen »weiblichen Orgasmus«. Was das sein soll? Einer, der sich wellenartig aufbaut und länger dauert als sonst. Wo bei den meisten Männern schon nach 12 Sekunden Schluss ist, können Frauen bis zu einer halben Minute lang in Ekstase verweilen. Und dass viele Männer Frauen um ihre Orgasmus-Intensität beneiden, ist auch kein Novum. Ob es aber so etwas wie einen »weiblichen Orgasmus« gibt und ob der sich überhaupt als seriöses Produktversprechen eignet? Ich habe so meine Zweifel. Aber zurück zum Thema: Wichsen.

»Ich hab schon vier Mal onaniert, weil hier einfach nix passiert.«

Die Ärtze

Als ich diese Liedzeile von den Ärzten als Teenagerin zum ersten Mal hörte, war ich nachhaltig fasziniert. So freimütig konnten also Männer im Radio über Selbstbefriedigung singen. So etwas als Frau zu tun schien unvorstellbar. Und dann der Film American Pie, dessen Handlung sich allein um vollgewichste Socken und penetrierte Apfelkuchen zu drehen schien. Alles, was die Protagonisten vom Leben wollten, war Abspritzen. Am liebsten natürlich mit einer Frau, aber solange das nicht ging, machten sie es sich eben selbst. Und zwar ständig. Kurze Zeit später sah ich Crazy. Hier wichsten die Jugendlichen in einer Art Initiationsritual gemeinsam auf einen Keks, den derjenige, der ihn verfehlte, aufessen musste. Njammmm, lecker Sperma! So unangenehm diese erniedrigende Sequenz auch anzuschauen war, so sehr schien sie zum Jungs-Sein dazuzugehören.

Mut- und Männlichkeitsproben als Einstieg in eine Gemeinschaft gab es schon immer. Heute hört man davon vor allem in Kontexten, in denen Gewalt und Hierarchien eine große Rolle spielen, bei der Bundeswehr zum Beispiel oder in Gangs. Aber ob dort Sperma-Schlürfen tatsächlich noch zum heimlichen Standard-Repertoire gehört, konnte mir niemand sagen. Doch vom Wichsen als gemeinschaftlicher Erfahrung können etliche meiner Gesprächspartner Lieder singen. Einer erzählte mir sogar von einer Situation mit seinem Cousin in Omas Garage, wo sie beide sich plötzlich mit ausgepackten Pimmeln wiederfanden – nur dass es mit dem Abspritzen nicht so recht klappen wollte vor lauter Druck. (…)


Bock. Männer und Sex – Katja Lewina

Gebundene Ausgabe: 220 Seiten
Verlag: DuMont
Erscheinungstermin: 13. August 2021

Auch als eBook
ISBN: 978-3-8321-8006-5

Erhältlich bei z.B. Amazon


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