“Spießig? Wir doch nicht!”

Sie kennen sie doch auch, diese Maschinchen, die ganz untrüglich anzeigen: “Jetzt ist es soweit, wir sind zu Spießern mutiert.” Sie haben immer den Jack-Wolfskin-Partnerlook boykottiert und sich deshalb in Sicherheit gewogen? Dann bitte ganz genau aufpassen!

Wer schon länger mit seinem Partner glücklich in einer Beziehung lebt, genießt das gegenseitige tiefe Vertrauen und die Sicherheit, hat gemeinsame Hobbies und Rituale – und tauscht genau das auch gegen das verrückt-stürmische Verliebtsein vom Anfang der Partnerschaft. Aber langweilig und spießig ist man ja deswegen lange nicht – oder…? Denken Sie nochmal drüber nach, wenn Sie mehr als zwei der unten genannten Geräte Ihr Eigen nennen. 😉

1. Die superpraktische Raspel mit 346 Aufsätzen

Sie war ein lieb gemeintes Geschenk der übereifrigen Schwiegermutter? Ok, dann sind Sie ausnahmsweise entschuldigt. Vermutlich verstaubt das Teil in der hintersten Ecke Ihres Küchenschrankes und wird nur noch zu hohen Feiertagen (=beim Schwiegereltern-Besuch) hervorgeholt. Aber wenn Sie sich allen Ernstes auf dem letzten Weihnachtsmarkt so ein Reibe-Monster haben aufschwatzen lassen, ist es wirklich soweit. Sie fummeln lieber eine halbe Stunde Zwiebelreste und Gurkenstückchen aus dem Aufsatz, als einfach ein scharfes Messer zum Gemüse zerkleinern zu benutzen? Ihnen ist es total wichtig, dass die Paprikawürfel nun einmal die perfekt kubistische Form haben? Sorry, Spießeralarm!

2. Der Brotbackautomat

Seit Ihrer veganen Phase vor einem halben Jahr haben Sie sich geschworen, echt was an Ihrer Ernährung zu ändern. Sie und Ihr Partner haben sich doch so fit gefühlt. Dieses fiese Industriebrot, vollgestopft mit Konservierungsstoffen und Geschmacksverstärkern – da machen Sie einfach nicht mehr mit, das wird jetzt weggelassen. Sie backen ab sofort selbst! Also steht seitdem ein Monstrum von Küchengerät auf Ihrer Arbeitsplatte. Und backt Ihnen das Brot. Zugegeben, ist schon lecker. Aber aus Bequemlichkeit greifen Sie doch sowieso wieder zur fertigen Backmischung aus dem Supermarkt, stimmt’s? Und schmeckte nicht die Pizza mit Industrieweizenboden voller Gluten vom Lieferservice am faulen Sonntagabend auch total gut..?

3. Die elektrische Jalousie mit Timer

„Wir fahren einfach mit einem viel besseren Gefühl in den Urlaub, seit wir diese Jalousie mit Zeitschaltuhr haben“ – ok, wer glaubt, dass einen Profi-Einbrecher ein paar regelmäßig hinauf- und herabzuckelnde Rollos abhalten, dem sei diese zusätzliche Sicherheit gegönnt. Aber überlegen Sie mal: Haben Sie wirklich Werte in Ihrer Wohnung, die den Einbau einer hunderte oder sogar tausende Euro teureren Jalousie-Anlage rechtfertigen? Ach ja: sein riesiger Flatscreen, seine Spielekonsole, seine drei Handys… Und natürlich Ihr Thermomix (siehe Punkt 6). Keine weiteren Fragen.

4. Die Bügelstation

Das geerbte Bügeleisen von Oma war gestern, der Hausmann bzw. die Hausfrau von heute braucht natürlich was Besseres. Den Ferrari der Wäschebearbeitung. Kein Dampfbügeleisen, nein nein, eine Dampfbügelstation. Vorbei die Zeiten knittriger Hemden und faltiger Blusen. Bügelservice in der Reinigung? Ach was, die versauen nur die guten Teile aus indischer Seide,  selbst ist der Haushaltsexperte. Wenn Sie allerdings wirklich lieber mit dem tollen Teil Ihre Wäsche plätten, als sich einen schönen Abend mit dem Liebsten zu machen, ja spätestens dann sollten die Alarmglocken schrillen.

5. Der Dampfreiniger

Sicherlich jeder von uns hat schon einmal zu später Stunde in einer durchgefeierten Nacht einen Teleshopping-Spot für einen Dampfreiniger gesehen. Und sich kopfschüttelnd gefragt, wer um alles in der Welt so ein Teil brauchen kann. Tja, herzlichen Glückwunsch, Sie anscheinend! Diese tiefenreine Sauberkeit, die einfache Handhabung, die Chemie-freie Reinigungskraft haben Sie einfach überzeugt. Ernsthaft? Wenn Sie wirklich etwas für Ihre Beziehung tun wollen, dann helfen Ihnen streifenfreie Fenster und porentief reine Matratzen vielleicht ein bisschen. Aber richtig helfen würde eine Putzhilfe, die Ihnen erlaubt, die gewonnene Zeit in wichtigeres zu investieren. Bingo! Zweisamkeit.

6. Der Schnellkochtopf

70% Zeit- und Energieersparnis – klar, wer hätte nicht gern mehr Zeit und Geld? Und da wir nicht alle erfolgreiche Start-Up-Gründer nach vollzogenem Exit oder wohlhabende Adelssprösse sein können, soll es eben der Schnellkochtopf richten. Für nur 50 Euro lassen die Spaghetti in fünf statt zehn Minuten kochen – und das auch noch vitaminschonend. Oh mein Gott, was nur tun mit diesen immensen Mengen gesparter Zeit? Für Großfamilien mit hohem Kartoffel-pro-Kopf-Verbrauch (die kann der nämlich wirklich supergut kochen) ist der Schnellkochtopf vielleicht ein nettes Extra. Aber als Pärchen? Bitte nicht. Kochen ist ein tolles Hobby und macht gemeinsam noch mehr Spaß als alleine. In diesem Fall sind die einzig akzeptablen Optionen:

– Schnellkochtopf im Schrank verstaut wissen

– Im Netz versteigern

– Von vornherein beim Shoppingsender im Lager verstauben lassen

7. Der riesige Gasgrill mit X Zusatzfunktionen

Früher war Grillen mit Ihnen richtig cool. 3-Euro-Einweggrill , eine Palette Dosenbier und dann ab mit den Kumpels und den Mädels in den Stadtpark, Freizeit, Freiheit und Abendsonne genießen. Die angekohlte Bratwurst hat Sie nicht gestört, denn in solchen Nächten ist man ins Freibad eingebrochen, hat das wilde Leben gelebt. Und heute? Nimmt Ihr Grill den halben Balkon Ihrer Wohnung im coolsten Viertel der Stadt in Anspruch. Drauf liegen Rinderfilet für 80 Euro das Kilo neben Spongebob-ähnlichem Tofu und Dorade in Alu. Das ist (zumindest teilweise) superlecker, keine Frage. Aber wirklich ein bisschen spießig, geben Sie’s zu!

8. Das Raclette und/oder das Fondue

Dieses zweieiige Zwillingspaar gehört zu den Geräten, die eigentlich nur einmal im Jahr zum Einsatz kommen – nämlich an Weihnachten und Silvester (weitere Familienmitglieder sind übrigens der riesige Bräter für den Entenschmaus oder das elektrische Bratenmesser).  Unzählige Soßen und zerkleinerte Gemüse- und Fleischportionen nehmen sich gegenseitig den Platz auf dem Esstisch weg und bieten ebenso viele Gelegenheiten, sich die Hemdsärmel zu versauen, während das Stück Fleisch von der Gabel rutscht und sich parallel einer der Teilnehmer des Festessens am heißen Arbeitsgerät verbrennt. Am meisten Spaß macht auch hier natürlich das Reinigen – zum Beispiel den Käse von der Heizspirale zu kratzen, der beim ehrgeizigen Versuch, das höchste Pfännchen gebaut zu haben, an selbiger kleben bleibt. Raclette und Fondue dürfen also wirklich in keinem Haushalt fehlen? Ok, sie sind super für gesellige Runden, nehmen aber unendlich viel Platz weg und sind nicht unbedingt günstig. Daher unser Tipp: wenn es unbedingt sein muss, einfach ausleihen und Freunde und Partner einladen, die hinterher auch beim Aufräumen helfen. Oder noch besser: sich von Freunden und Bekannten zum Raclette einladen lassen. Dann haben andere die Arbeit, die Sauerei und am nächsten Tag den kalten Käsegeruch in den Wohntextilien.

9. Die Mutter aller spießigen Küchengeräte: der Thermomix

“Über 1.000 Euro für eine Küchenmaschine? Kannst du damit etwa telefonieren und fliegen?” Was müssen sich die Besitzer dieses Küchen-Tausendsassas nicht alles anhören, wenn sie sich so ein Fünf-Sterne-Gerät zulegen. Heißt es doch immerhin auch gleich, dass es eine dieser unheimlichen Vorwerk-Vertreterinnen über die Schwelle geschafft hat, um das Teil vorzuführen. Und man sich nach ihrer Präsentation wahrhaftig dazu entschied, eine immense Summe für die Bündelung aller Küchenhelfer dieser Welt auszugeben. So toll die Idee der eierlegenden Wollmilchsau auch ist, möchten wir noch einmal daran erinnern: Ja,  Kochen kann Spaß machen! Und das tatsächliche Schwingen des Kochlöffels (nicht das Drücken von drei Knöpfen) gehört nun mal einfach dazu. Für ein Kochdate zuhause empfehlen wir daher weiterhin den altmodischen Herd.

Auch wenn wir hier das ein oder andere Gerät liebevoll verteufeln – grundsätzlich finden wir jedes Haushaltsgerät gut, dass nicht mehr Arbeit macht, sondern uns im Gegenteil den Alltag erleichtert und mehr Zeit lässt für die Dinge, die wirklich wichtig sind im Leben.

Wie etwa schöne Stunden mit dem Schatz zu verbringen.


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