Jeder trägt sein Päckchen, mancher einen Rucksack

Wir alle tragen Päckchen früherer Beziehungen mit uns herum. Wohin mit dem Rucksack voller Altlasten beim ersten Date, fragt Thorsten Wittke

Ich bin leidenschaftlicher Backpacker. Mit meinem Rucksack habe ich schon die halbe Welt bereist. Meist ohne einen Plan und immer der Nase nach. Oberstes Gebot bei diesen Reisen: bloß nicht zu viel Ballast mitnehmen.

Ins Gepäck kommen nur nützliche und benötigte Dinge. Jedes Teil, das eingepackt wird, wird vorher infrage gestellt. Weniger ist mehr und im Zweifelsfall bleibt es zuhause. Auch wenn ich sehr komfortabel reise und den Rucksack nur ganz selten über weite Strecken trage. Wer einmal einen 20-Kilo-Rucksack – auch nur auf kurze Distanz – geschleppt hat, weiß, wovon ich rede. Ratio rules,  die Gründe machen die Entscheidung und der Verstand macht das Traveln leichter.

Ich wünschte, ich könnte so rational und strukturiert in Dates gehen. Verabredungen sind ja auch so etwas wie eine Reise und  irgendwie habe ich bei jedem Treffen einen imaginären Rucksack auf dem Rücken, in dem viel zu viel drin ist. In ihm befinden sich meine Erlebnisse, die ich mit mir rumschleppe und einfach nicht verdrängen kann. Und mit jeder gescheiterten Beziehung wird der Inhalt größer und schwerer. Der Mensch ist eben die Summe seiner Erfahrungen; aus Fehlern soll man lernen und wer zweimal auf dieselben reinfällt, ist selber Schuld. Das ist der vorherrschende Gedanke, der mir das Backpack auf die Schultern gesetzt hat. Und meinem Date scheint es genauso zu gehen. Wir wissen, was uns in der Vergangenheit gut getan und was uns verletzt oder beschädigt hat. Auch wenn wir mit vergangenen Beziehungen abgeschlossen und alles verarbeitet haben, auch wenn wir nach vorne schauen wollen – irgendwann tippt uns der Geist der Vergangenheit auf die Schulter. Manchmal reicht ein einzelner Satz vom Gegenüber und die Schranke fällt. Wie ein Dé­jà-vu, das die Alarmglocken im Kopf klingeln lässt.


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