Für immer glücklich?

Der Praxis-Check: „Holst Du mir noch einen Martini?“, „Heute ist mir nach Sushi zumute, kümmerst Du Dich?“. Diese Sätze hören sich falsch an, klingen nicht nach mir. Doch seine Reaktion befördert mich in neue Befehls-Höhen. Ich hatte Proteste erwartet, aber nix da. Nicht mal ein genervtes Stöhnen. Der Ton wird schärfer. „Mach mal“, „Bring mir“, „Hol her“. Der Gute spurt. Lässt mir eine Wanne ein, streamt meine Lieblingsserie, erledigt den Einkauf. Kurioserweise funktioniert dieser Beziehungskiller bei uns als Beziehungs-Kitt. Mit dem Haken, dass ich mich als Kommandantin nicht wohl fühle. Erträglich wird das Spiel für mich erst in Kombination mit Strategie 1 „Loben Sie Ihren Partner“. Also Zuckerbrot und Peitsche im Wechsel. Hängen bleibt die Erkenntnis, dass es nicht weh tut, Wünsche zu äußern, dann werden sie erfüllt. Bestimmt.

Strategie 3: „Bringen Sie Ihre Partner-Landkarte auf den neuesten Stand“

(Quelle: „Die sieben Geheimnisse der glücklichen Ehe“ von John M. Gottman)

Eigentlich will ich diesen Klassiker nur durchblättern, lese mich aber sofort fest. Tiefgründig fächert der Psychologe John M. Gottman die vielseitigen Dynamiken der Liebe auf und das liest sich spannender als mancher Krimi. Besonders die Strategie: „Aktualisieren Sie Ihre Partner-Landkarte“ gefällt mir. Darin müssen beide 20 Fragen über den anderen beantworten. Zum Beispiel: „Wovor habe ich am meisten Angst?“, „Welche Kleidung trage ich gerne?“, „Was habe ich gestern gemacht?“ Also los.

Der Praxis-Check: Das Spiel ufert aus. Die simplen Fragen entpuppen sich als unberechenbare Munition. Plötzlich fliegen lauter verbale Giftpfeile durch die Luft. Es kommen Konflikte zur Sprache, die gar nicht gefragt waren: Meine Schlabbershirts, meine schlechte Laune. Seine Unordnung. Selbst bei der Frage, welche Ereignisse er herbeisehnt, scheitere ich grandios. Statt „Geburtstagsparty“ treibt ihn der Auftakt der Bundesliga-Rückrunde um. Kenne ich ihn wirklich? Er muss weiter erforscht werden, wie ein fernes Gebirge. Den „Sieger“ ermitteln wir gar nicht mehr, sondern reden weiter. Dieses Buch hat etwas in Gang setzt. Wo es endet? Ungewiss. Vielleicht irgendwo in Patagonien.


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