Am Anspruch einer gleichberechtigten Partnerschaft scheitern viele Paare

Unsere InterviewpartnerInnen aus dem Arbeitermilieu hingegen verstehen die Situation meist nur als vorübergehend und tun alles, um die ‚richtige Ordnung‘, also das Ernährermodell mit weiblichem Zuverdienst, wieder  zu erreichen. Das ist natürlich ein Problem, denn wenn Umschulungsmaßnahmen, die den Mann wieder in Lohn und Brot bringen sollen, scheitern, ist die Krise der Paargemeinschaft unaufhaltbar. Manche Männer stellen sich in der Situation als besonders gewitzt dar, indem sie Geld auf anderem Wege eintreiben – etwa im Internet oder durch Schwarzarbeit-Jobs. Dadurch versuchen sie, sich als überlegen zu inszenieren, so als wären sie diejenigen, die besonders gut durchschauen, wie die Dinge heutzutage laufen. Das ist natürlich eine fragile Anerkennungskonstruktion. Bei den Akademikern gelingt es einigen Paaren, die künstlerische oder Kreativarbeit des Mannes besonders aufzuwerten, auch wenn sie nicht einträglich ist. Auf diesem Weg setzen sie dem drohenden Statusverlust etwas entgegen.

In allen Fällen und bei allen Strategien ist die Unterstützung der Frau aber sehr wichtig. Wenn auch Zuhause noch an dem ausbleibenden Erfolg rumgemängelt wird, wird es tatsächlich schwierig für beruflich nicht erfolgreiche Männer – und im Übrigen auch für die Paarbeziehung.

Welchen Einfluss hat es aufs Schlafzimmer, wenn der Partner nichts oder schlecht verdient?

In unserer Studie gab es einige Paare, in denen die Konflikte sozusagen ins Schlafzimmer getragen und dort auch ausgehandelt wurden. Man muss sich klarmachen, dass Heterosexualität eine bestimmte kulturelle Ordnung ist, die immer wieder neu hergestellt und inszeniert wird – auch für sich selbst.

Im Bett aber soll der Mann seine Männlichkeit unter Beweis stellen

Einige Frauen, die wir interviewt haben, erwarten, dass ihre Männer im Bett eine klassisch dominante, „führende“ Rolle einnehmen. Zumindest hier soll der Partner seine Männlichkeit unter Beweis stellen. Umgekehrt wollen die Frauen in der Sphäre der Sexualität und Erotik auch in ihrer Weiblichkeit bestätigt werden. Während man sich in Beruf und Alltag eigentlich von Geschlechterrollen befreien möchte, erscheint es vielen Paaren legitim, solche Ansprüche in dieser Sphäre zu formulieren. Hilfreicher wäre es sicher, die Erwartungen an Männlichkeit und Weiblichkeit zu hinterfragen und sich gemeinsam auch im Bett mehr zu trauen.

Wie können junge Männer auf die neuen Rollenbilder vorbereitet werden?

Das ist eine Frage, die so erstmal schwer zu beantworten ist und zu der wir auch nicht direkt geforscht haben. Ich würde sagen, es ist wichtig, Kinder und Jugendliche mit ganz unterschiedlichen Lebensentwürfen und privaten Lebensformen zu konfrontieren. Eltern sollten den Streit um Arbeitsverteilung nicht scheuen, damit den Kindern zum einen klar wird, dass Haus-und Sorgearbeit auch Arbeit ist und zum anderen, dass dies ein Feld der Aushandlung ist und nicht einfach ‚irgendwie‘ passiert. Und junge Männer sollten lernen, dass sie nicht mehr die Ernährerrolle einnehmen müssen. Und dass es in Partnerschaften und allen Formen von Nahbeziehungen vor allem um Solidarität und gegenseitige Fürsorge gehen sollte und letztere nicht Angelegenheit der Frau ist. Dann wäre schon viel gewonnen.

Wenn der Mann kein Ernährer ist _ Cover
Cornelia Koppetsch, Sarah Speck:

Wenn der Mann kein Ernährer mehr ist
ISBN: 978-3-518-12701-8
Verlag: edition suhrkamp

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