Sollten mehr Männer Parfüm tragen?

Parfüm ist vor allem ein Geschäft, Tradition hin oder her. Dennoch bin ich der Ansicht, dass Parfüm, ebenso wie z.B. Schmuck oder Mode, mehr sein kann als das. Mehr als ein Accessoire, das uns schmückt, zu dem wir aber keinen wirklichen Bezug haben, mehr als ein Werbeversprechen à la „Trag diesen Duft und du bist attraktiv, stark, selbstbewusst …“ Parfüm hat den großen Vorteil – wenn es richtig ausgewählt und angewendet wird –, dass es einen Sinn anspricht, der die schnellste Verbindung zu unseren Gefühlen hat. Es vermag überdies, längst vergessene Erinnerungen zu wecken oder gegenwärtige Momente zu konservieren. Wer schon einmal plötzlich einen Geruch in der Nase hatte und binnen Sekundenbruchteilen emotional eingefärbte Bilder aus der Vergangenheit vor sich aufsteigen sah, weiß, wovon ich spreche. Vielleicht erinnert uns der Geruch von Flieder an unsere Kindheit auf dem Land, oder die dominante Neroli-Duftnote im „4711“ an unsere Großmutter, die längst verstorben ist. Manchmal löst ein Duft eine größere emotionale Reaktion aus als das Betrachten einer Fotografie oder das Hören eines Musikstücks. Warum sollte das Frauen allein vorbehalten bleiben – warum sollten nicht auch Männer unsere Erinnerungen olfaktorisch mitprägen?

Das richtige Parfum unterstreicht den persönlichen Stil

Darüber hinaus kann ein Duft ein Statement sein, ein Unterstreichen unseres Stils oder sogar unserer Persönlichkeit – jeweils dem Kontext angepasst. Ein knarzig-balsamischer Weihrauchduft zur schwarzen Lederjacke, ein geheimnisvoller Patschuli-Rosenduft für den jungen Literaten, ein frischer „Duschgel“-Duft auf der Arbeit, eine raumfüllende Gourmand-Würz-Bombe im Club: All das ist neben dem stets mitschwingenden „Gerochen-werden-Wollen“ auch ein Komplettieren der eigenen Erscheinung – im besten Falle zugleich authentisch UND sozialverträglich.

Wir – Frauen wie Männer – wählen tagtäglich unsere Garderobe. Und selbst wenn wir sie so wählen, dass sie uns nicht wichtig ist, ist das ja eine Wahl. Die meisten achten darauf, dass sie sauber ist, dass die Frisur – einigermaßen – sitzt. Einige tragen Schmuck oder eine Armbanduhr. Vielleicht auch eine Tasche oder einen Rucksack. Ein Duft kann diesen Gesamteindruck komplettieren, egal, ob nun für uns selbst und/oder für andere. Auch hier die Frage: Warum sollte das Frauen allein vorbehalten bleiben? Ich kenne sehr viele Frauen, die sich wünschen, dass ihre Partner, Arbeitskollegen und Co. gelegentlich nach etwas anderem duften als nach synthetischem Deo, Haargel oder Schweiß.

Ich bin für Vielfalt. Und so wie ich mir wünschen würde, dass mehr Menschen ihre Wohnungen oder Häuser nicht nur in Standardweiß streichen, sondern gelegentlich ein wenig Farbe in die eigenen vier Wände holen, würde ich mir auch wünschen, dass mehr Männer mal ausprobieren, ob das gelegentliche Tragen eines Parfüms nicht doch etwas für sie sein könnte. Gut ausgewählt und – das ist zumindest mein persönlicher Geschmack – eher dezent dosiert. Vielleicht ja auch einfach zu konkreten Anlässen wie einem romantischen Date, einer Clubnacht, einer Geburtstagsfeier oder zum leckeren Dinner am Jahrestag.

Denn entgegen mancher Behauptungen finde Ich Parfüm überhaupt nicht unmännlich.


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