Obwohl es in mir brodelt, sage ich “es ist nichts”

Wie ist es, wenn man nicht über seine Gefühle spricht, verschlossen ist oder nicht aus sich rauskommt? Und wie geht man mit solchen Menschen um? Unser Autor kennt dieses Chaos im Kopf

“Was ist los?” im Zweifel antworte ich auf diese Frage immer mit “Nichts!” Ich weiß gar nicht so genau warum. Immerhin ist meistens etwas, wenn diese Frage aufkommt. Wahrscheinlich, weil es wohl das einfachste ist in dieser Situation. Gefühle? Ja, ich habe welche – und oft sind sie gut. Manchmal aber auch schlecht. Das große Problem an ihnen ist nur: ich versteh sie nicht. Ich kenne ihre Bedeutung, aber nicht die Erklärung.

Darum fällt es mir so unglaublich schwer, über Gefühle zu reden. Es fällt mir übrigens auch nicht leicht, mit Gefühlen umzugehen. Mein Partner kann mir sein Herz ausschütten, seine ganze Gefühlswelt vor mir auskotzen und wird leider nur eine unadäquate Reaktion ernten. “Das freut mich” oder “Das ist ja … nicht so schön” sind das Höchste der Gefühle. Warum? Ich bin damit überfordert. Da prasseln ganz viele Worte auf mich ein, die ich in Gefühle übersetzen muss. Das fällt schwer und ist anstrengend.

Vermutlich ist da aber auch die Angst, dass ein Gefühl dabei ist, das mir nicht behagt. Das gleiche Problem besteht wohl auch bei meiner Gefühlswelt. Wenn man nicht darüber redet, ist es nicht da. Wenn man nicht darüber nachdenkt, kann man nicht darüber reden. Und man entgeht der Gefahr, verletzt zu werden.

Das klingt jetzt furchtbar dramatisch. So schlimm ist es aber gar nicht. Es gibt ja genügend positive Gefühle. Nur kann ich die auch nicht so leicht äußern. Oft denke ich, das ist unangebracht. Oder wirkt unglaubwürdig. Oder ich erwarte eine Reaktion, die mir nicht behagt.

Während ich “nichts!” sage, spielt sich also ziemlich viel in meinem Kopf ab. Da rattern hunderte Zahnräder – eines verkantet sich und schon bleibt das Uhrwerk stehen. Unterwegs vom Kopf zum Mund ist das Gefühl somit steckengeblieben. Nicht verloren. Es richtet sich bloß häuslich in meinem Kopf ein.

Es ist nicht leicht, nicht über seine Gefühle zu reden.


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