Er macht direkt zu

Angreifen und flüchten

Was machen die Menschen, die mauern und nichts sagen oder nicht reagieren oder die Flucht ergreifen? Je mehr sie sich bedrängt fühlen, umso mehr flüchten sie. Das wiederum lässt die andere Person noch lauter und drängender werden, vielleicht sogar mit einem Ultimatum drohen. Diese Dynamik ist ein Teufelskreis. Der zieht sich rasch durch alle Bereiche des Beziehungslebens. Zum Beispiel in die Intimität: Es gibt nahezu immer einen Partner, der häufiger Intimität initiiert als der andere. Das bedeutet, es gibt auch immer einen, der häufiger zurückgewiesen wird und einen, der häufiger zurückweist. Nicht selten ist diese Dynamik die Folge der Dynamik in der Paarkommunikation hinzu, denn schließlich ist Sex ja auch Paarkommunikation. Und wenn Paare nicht mehr miteinander schlafen, sich nicht mehr anfassen möchten und gleichzeitig nicht mehr miteinander sprechen können: Wie sollten sie dann ihre Konflikte überwinden können? Sie haben eigentlich keine Chance mehr. 

Beide Partner müssen etwas verändern

Es müssten an dieser Stelle beide Partner einen Schritt aufeinander zugehen, damit sich diese Dynamik, die beide Partner durch ihre Verhaltensweisen befeuern, verändern könnte. Bei meinem Paar in der Praxis war es sie, die immer wieder neue Strategien versuchte, zu ihrem Mann durchzudringen. So kreativ sie auch war, das machte es sogar noch schlimmer.

Er zog sich noch mehr zurück. Denn was bei ihm immer stärker wurde dadurch, war die Gewissheit: „Ich bin ein schlechter Partner, ich kann die Wünsche meiner Partnerin nicht erfüllen. Wenn ich nichts sage, dann scheitern wir als Paar, aber jedes Wort, das ich sagen könnte, das würde alles nur noch schlimmer machen.“ Er war vor Angst, etwas Falsches zu tun, stumm und gelähmt. Und das Wissen, dass diese Gelähmtheit es noch schlimmer machen würde, ließ ihn noch mehr verstummen aus Angst. Während sie gleichzeitig immer lauter wurde, aus Angst, ihn ganz zu verlieren, obwohl sie wusste, dass sie ihn immer weiter in die Flucht trieb, weil sie lauter und drängender wurde.

Partner macht zu – Was tun?

Kurz bevor das Paar tatsächlich auseinanderbrach, kamen sie zu mir, denn sie hatten in einigen Interviews mit mir gelesen, dass ich mich in der Paartherapie ganz konkret seit Jahren mit dieser Dynamik beschäftige. Und ich Paaren Werkzeuge zeigen kann, um diese Dynamik zu beenden. Und zwar dauerhaft. Und das hat auch mit diesem Paar funktioniert und das auch bereits in wenigen Sitzungen. 

Dieses Werkzeug heißt „Emotionsfokussierte Paartherapie“ und es gibt im Internet viele Studien dazu, wir wirkungsvoll sie gerade bei der Forderungs-Rückzugs-Dynamik ist. Diese Dynamik wird auch „der Tanz“ genannt und vielleicht hilft euch diese Vorstellung: Es genügt nicht, dass das Paar neue Schritte lernt, es braucht auch eine andere, eine neu Musik für die neuen Schritte.

Und so gehe ich in Paartherapie auch vor. Erst finden wir heraus, wie euer Tanz aufgebaut ist, welche Schritte ihr macht und zu welcher Musik. Und dann legen wir ein neues Lied auf und üben dafür neue Schritte ein. Dafür gibt es sogenannte Interventionen. Voraussetzung ist die Bereitschaft, alte Wege zu verlassen, die eigenen Ängste zu benennen und sich darauf einzulassen, dass nicht ein Partner die Schuld trägt an dieser Dynamik, sondern dass die Dynamik der gemeinsame Gegner des Paares ist, den beide bekämpfen müssen.