Zwischen Herz und Verstand: Ich bin die einzige Hoffnung eines Junkies

Seine Sucht zwingt ihn in die Knie, Gewalt bestimmt seinen Alltag und die einzige Hoffnung auf Besserung ist die Frau, in die er sich verliebt hat – und das ist unsere anonyme Autorin

Niemand von meinen Freunden und meiner Familie weiß von ihm. Er ist mein einziges und tiefstes Geheimnis, das ich heimlich in mir trage. Genauso geheim sind auch unsere Treffen. Zwar immer in der Öffentlichkeit, aber immer an Orten, an denen uns niemand kennt. Ich habe Angst vor den Reaktionen der anderen, weil man dir ansieht, wer du bist. Du kannst dein wahres Gesicht längst nicht mehr verstecken: Deine Augen voller Tränen, deine Wangenknochen verziert von hunderten Narben und dein Lächeln vom Leben genommen.

Ich habe Angst vor dir

Doch noch mehr Angst als vor den Reaktionen der anderen, habe ich vor dir. Manchmal, wenn du wieder geraucht hast, bist du wie ausgewechselt. Ich erkenne dich nicht mehr, so anders bist du dann. Du erzählst mir dann immer von deiner Kindheit, in der du oft geschlagen wurdest und von den unzähligen Malen, in denen du von der Polizei gefasst wurdest, weil du wieder ein Auto aufgebrochen hast oder deine Aggressionen einfach nicht im Griff hattest. Du weißt, dass ich vor dir Angst habe, denn du starrst jedes Mal auf meine zitternden Hände, die sich in meinen Schoß klemmen, wenn wir uns in einem Café gegenübersitzen. Jedes Mal legst du eine Hand auf meinen Rücken, wenn mein Atem den Rhythmus verliert, weil ich mich an deinen Worten verschluckt habe. Und jedes Mal sagst du, dass ich keine Angst mehr haben brauche, wenn ich nur „ja“ sage.

Du willst mich

Ich soll „ja“ zu dir sagen, „ja“ zu uns. Und dann willst du dich ändern. Du willst mit dem ganzen Scheiß aufhören: Keine Drogen mehr nehmen, keine Zigarette mehr berühren, keinen Alkohol mehr trinken, deine Aggressionen in den Griff bekommen und den Freundeskreis wechseln. Und um ehrlich zu sein, ist das alles, was ich mir für dich wünsche, wofür ich jeden Abend bete. Doch will ich dich nicht. Will dich nicht so wie du mich willst, will nur, dass du gesund wirst. Und das weißt du auch, aber du bist ein Kämpfer und gibst nicht auf, außer dich selbst. Dich selbst gibst du auf, doch um mich kannst du kämpfen. Wieso? Sag mir, wieso? Wieso kämpfst du nicht um dich selbst?


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