Haben wir uns wirklich gekannt?

So viele Dinge nicht geklärt: unsere anonyme beziehungsweise-Leserin suchte Antworten auf quälende Fragen. Ob sie diese am Ende finden konnte?

Ein Jahr. Im Sommer warst du abgereist aus unseren Ferien und wir beide lebten die Trennung ohne wirklich nochmals Klärung zu suchen. Vereinzelt nahm ich den oberflächlichen Kontakt über Nachrichten wahr, Briefe von dir legte ich ungeöffnet zur Seite und deine Sachen lagen in meiner Wohnung. Du fragtest nicht danach, ich packte sie nicht.

Spät im Herbst erschütterten mich erstmals die Gefühle. Plötzlich war präsent, dass du gegangen warst. Tief in mir spürte ich den Bruch und versuchte zum Selbstschutz eine Art Abschluss, vor allem aber Abstand zu dir und deinem Wunsch nach Freundschaft zu finden.

Kontaktsperre war ein Versuch

Das Packen und die Rückgabe deiner Sachen, Verbannen aller Fotos und die Bitte um Kontaktsperre waren Teil meiner kläglichen Versuche, die unheimlich intensiven Gefühle irgendwie verschwinden zu lassen. Der Versuch, das Losbrechen dieser Gefühlswalze aus Schuld, Selbstzweifeln und Minderwertigkeitsgefühlen, Einsamkeit, Scham, Verunsicherung und Ohnmacht irgendwie zu verstehen und anzunehmen, misslang. Dafür setzte sich dieser innere Aufruhr fest, verstärkte meine gut bekannte Unruhe und bestimmte fortan Schlaf und immer mehr Lebensbereiche.

Im Winter standest du plötzlich vor meiner Gartentür und nach dem folgenden Spaziergang bei Kälte und Schnee stiegst du schnell ins Auto und fuhrst davon. Ich war froh darum, weil du so nicht meine Tränen sahst. Auch nicht meine Verwirrung über mich, weil ich fast mechanisch, abgeklärt dein Auftauchen tolerierte und Zeit mit dir verbrachte. Erst im Verlauf des Spaziergangs spürte ich, wie ich nach Distanz suchte, aufsteigenden Schmerz in Schach hielt und versuchte, den restlichen Weg gefasst und den Erzählungen von deinem neuen Leben angemessen folgend zu bewältigen.


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