Ewig ist nicht für immer

Wenn ich damals nur zu dir gefahren wäre und gesagt hätte: „Du bist das Größte für mich. Schon immer und für immer.“ Eine anonyme Leserin erzählt ihre ganz besondere Liebesgeschichte

Wir kennen uns seit dem Kindergarten, haben die Schulzeit gemeinsam überstanden. Wir waren unzertrennlich. Du warst mein bester Freund, mein Anker. Wie oft haben wir Nächte lang über das Leben philosophiert und uns gewünscht, niemals älter zu werden. Deine Freunde sind meine Freunde und meine Erinnerungen sind deine Erinnerungen. Es gab nichts, was der andere nicht wusste. Unsere Leben waren so unbeschwert und abenteuerreich und gab es da doch mal einen grauen Tag, dann warst du da und hast meine Sonne wieder zum Scheinen gebracht.

Irgendwann war da mehr als nur unsere Freundschaft. Nach durchzechten Nächten schlief ich in deinen Armen ein und morgens weckte mich ein zärtlicher Kuss von dir. Wir redeten immer noch über alles, nur nicht über unsere Gefühle füreinander. Das waren nun mal wir. Wie oft unsere Freunde den Kopf schüttelten und uns für verrückt erklärten.

Die Jahre vergingen und wir wurden älter, wollten mehr vom Leben. Jeder ging seinen eigenen Weg. Du wolltest die Welt entdecken und ich machte den Unicampus unsicher. Aber unsere Verbindung blieb. Wir teilten unsere Sorgen, Ängste und Zweifel am Leben, konnten sicher sein, dass zumindest einer uns verstand, sich eines nie verändern wird. Wir. Wir waren wie eine unzerstörbare Festung, komme was wolle.

Es gab uns nur zu zweit. Ich wurde nirgends eingeladen ohne den Zusatz: „Bring deine bessere Hälfte mit!“ Und bei dir war das nicht anders. Wie oft konnten wir uns anhören: „Ihr würdet so ein schönes Paar abgeben!“ Wir guckten uns dann nur an und lachten herzlich. Freunden, Familie, selbst Fremden, jedem schien es aufzufallen, nur uns nicht. Im Prinzip führten wir ja eine Beziehung. Nur sagte es keiner von uns. Auch sagte keiner was, wenn der andere einen Partner hatte oder eine flüchtige Bettgeschichte. Keine Beziehung, die wir führten, war von Dauer. Wir dachten immer, wir hätten den/die Richtige/n einfach noch nicht gefunden.

Ich kann mich noch genau an die Situation erinnern. Du warst mittlerweile nach Leipzig gezogen, ich nach Hamburg. Freitag nach der Arbeit fuhr ich mit dem Zug zu dir. Wir haben uns das ganze Wochenende in deiner Wohnung eingeschlossen, Pizza gegessen, Wein getrunken und erzählt. Über Gott und die Welt. Und nicht zu vergessen, wir hatten atemberaubenden Sex. Als du mich am Sonntag Nachmittag zum Bahnhof brachtest, umarmten wir uns ein wenig länger als sonst und schauten uns eine Spur intensiver in die Augen als üblich. Und als ich auf meinem Platz im Zug saß und dich betrachtete, wie du mich freudestrahlend anlächeltest, wurde es mir klar. Ich liebte dich. Nicht wie eine Freundin ihren besten Freund. Da war mehr. Viel mehr. Du warst der Mensch, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen wollte. Neben dir wollte ich einschlafen und aufwachen. Bis zum Ende.

Für mich gab es niemanden außer dir. Seit über 20 Jahren gab es ein und denselben Mann an meiner Seite und mehr als 20 Jahre brauchte ich, um zu begreifen, dass du nicht nur mein bester Freund warst. Dass ich mir unzählige Dates und Enttäuschungen hätte ersparen können.


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