Top im Job und schlecht beim Dinner

Erfolg macht bekanntlich sexy. Aber nicht notwendigerweise geschickter. Warum dem so ist, geht Gastautorin Julia Malz auf den Grund

Gerade männliche High Potentials im Job verwandeln sich außerhalb ihrer vertrauten Umgebung von Agentur, Karriere-Coaching und Flughafen-Lounge beim klassischen Date in ungeschickte Low Potentials. Gestresst, getrieben, unaufmerksam. Oder so sehr von sich selbst überzeugt, dass ein Gespräch zum Werbespot mutiert. So scheinen die stets Erfolgreichen inzwischen so im wirtschaftlichen Wettbewerb ihres Tagesgeschäfts gefangen, dass sie ihre Auserwählte eher wie potentielle Kunden behandeln. Und dann wird ein Date schnell zur schrägen Mischung aus Meeting und Guerilla Marketing.

Erinnern wir uns an Reuben Feffer alias Ben Stiller in ‚Und dann kam Polly‘. Der schafft es auf der Leinwand etliche Male, die Dame seines Herzens mit seinen zwanghaften Anwandlungen vor den Kopf zu stoßen, weil er bewährte Strategien aus dem Job auf seine Lieblingslady projiziert. Und ruiniert am Ende beinahe alles, weil er sich nicht auf sein Gefühl verlassen kann und will. Was ihm im Job bei sachlichen Entscheidungen zu gute kommt, wird in der Liebe ein absoluter Bremsklotz.

Der mechanische Mann

Big in business und ungeschickt beim Date – dieses Eigenschaften-Duo begegnet einem in der Männerwelt gar nicht so selten. Da stiefeln die Herren selbstbewusst und top gekleidet jeden Morgen ins Büro, führen kniffelige Konversationen und jonglieren mit mehreren Befindlichkeiten gleichzeitig. Und versagen tutto completti, wenn es um die Eroberung ihrer Herzensdame geht. 18:30 Uhr Feierabend, 20:00 Uhr schickes Dinner im neuen Laden für Fusion Food, 22:30 Uhr Spaziergang mit Absacker, 23:00 Uhr Sex auf der neuen Leinen-Bettwäsche. Kann man(n) so machen. Ist bestimmt auch von kurzfristigen Erfolgen gekrönt. Aber warum so mechanisch?

Das mag mehrere Ursachen haben. Einer der Hauptgründe ist das Problem des lieben Reuben Feffer: die Unfähigkeit, beim Verlassen des Büros die Strategie zu wechseln. Mit der Situation zu gehen. Sich wirklich auf sein Gegenüber einzulassen. Wer sich in der Liebe auf rationale Taktiken verlässt, muss schnell einsehen, dass es keine gute Idee ist, ein Date nach dem bewährten Meeting-Schema abzureißen. Dann vergeht der Lady nämlich vor dem Aperitif noch der Appetit.

Abwägen, kalkulieren, taktieren, bluffen, pokern. Das mag in Verhandlungen sinnvoll erscheinen, ist aber in Liebesdingen schwer zu ertragen – vor allem für ein Gegenüber.

Love is a mixtape

Nun ist es so, dass bei einigen Männern die Lektion sitzt, dass Liebe oft weniger blind macht, als gerne behauptet wird. Sie haben gelernt, dass der Titel auf der Visitenkarte und die Plusstellen auf dem Bankkonto manchmal eben doch mehr zählen, als ein spontan rezitiertes Liebesgedicht von Alexander Puschkin. So verlassen sie sich oft ganz auf die Klaviatur des Erfolgs und spielen ihr immer gleiches Liedchen: “I am a very successful, very important and very busy man!”. Das können die wirklich guten Frauen aber nach einer Weile nicht mehr hören. Love is a mixtape, Jungs!


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