Haben Beziehungsberater die besseren Beziehungen und Sextherapeuten den besseren Sex?

Sie sind Berater, Coaches oder Therapeuten und müssten doch eigentlich wissen, wie’s geht. Aber führen ausgewiesene Experten in puncto Beziehung und Sex tatsächlich ein besseres Liebesleben? Ein Erfahrungsbericht, der verrät, wie es bei den „Profis“ wirklich aussieht

Nicht nur von meinen nach Rat und ewiger Erleuchtung suchenden Klienten kommt immer wieder die Frage, ob Beziehungsberater und Sextherapeuten aufgrund ihres Berufs anderen Menschen gegenüber nicht im Vorteil wären, was das Liebesleben betrifft. Auch in meinen Seminaren und Trainings habe ich es immer wieder mit regelrechten Koryphäen aus der Welt von Beratung, Coaching und Therapie zu tun, die mit völlig unvermuteten Stolpersteinen ihres Liebeslebens überraschen. Da ist die Frage berechtigt: Führen Beziehungsberater die besseren Beziehungen und haben Sextherapeuten den besseren Sex? Schließlich haben sie ja die nötige Expertise dafür.

In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder eines meiner Lieblingszitate des US-amerikanischen Psychotherapeuten Frank Farrelly ein. Dieser behauptet:

Der Berater sollte dem Klienten in seiner Entwicklung eine Woche voraus sein.

Hätte er das nicht mit ironischem Augenzwinkern gesagt, würde ich mich als Coach jetzt etwas unter Druck gesetzt fühlen. Muss ich tatsächlich alle diese unzähligen Beziehungsthemen in meinem Leben durchlebt haben, um erfolgreich andere beraten zu können und selbst ein besseres Liebesleben zu führen? Zahlreiche Studien haben inzwischen herausgefunden, dass selbst Psychotherapeuten nicht „durch die Bank“ psychisch gesünder sind als die Allgemeinbevölkerung. Mit welchen Hürden selbst Experten zu tun haben, wurde mir erst wieder kürzlich auf einem Paarseminar bewusst.

Experten haben’s auch nicht leicht

In einem meiner mehrtägigen Workshops, bei dem es um das Erlernen eines neuen Paarberatungs-Tools ging, wurden von den anwesenden Paaren und Singles die Themen Beziehung und Sex auch auf persönlicher Ebene durchleuchtet. In Gruppensitzungen fielen schließlich nach und nach die Hüllen und es wurde deutlich, dass selbst Experten – die wahre Meister darin sind, sich bedeckt zu halten – immer wieder bei bestimmten Beziehungsthemen in einer Sackgasse landen. Die Erkenntnis: Selbst Beziehungs- und Sex-Experten taumeln in ihrem Privatleben nicht von einer Glückseligkeit in die nächste. Auch wenn die Profis ihre eigenen „blinden Flecken“ sowie die fixen Ideen ihrer Partner einwandfrei diagnostisch ermitteln und betiteln konnten, so erwies sich der emotionale Umgang damit in der Realität doch immer noch als die größere Herausforderung. Während einem Partner der Kontrollwahn des anderen zum Hals heraushing, reichten bei einem der Experten schon herumliegende Socken aus, um einen Rosenkrieg zu starten.


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