Mein Zuhause bist Du

Unsere Autorin Helena Muhm hat es gewagt und wohnt seit nunmehr acht Wochen probeweise bei ihrem Partner. Wie es für sie ist, wenn plötzlich ständige Nähe an die Stelle einer Wochenendbeziehung tritt, beschreibt sie ihrem Lieblingsmenschen in einem Brief

Mein lieber Herzensmensch,

nun haben wir ihn also endlich gewagt: Den nächsten Schritt. Na gut, wenigstens auf Probe. Da haben wohl einmal mehr unser Verstand und unsere Ängste über die, in den letzten Jahren doch sehr intensiv gewordenen Gefühle gesiegt. Aber es ist sicher besser so, denn, wenn wir zusammenziehen, dann doch am besten für immer, oder? „Wir werden uns bestimmt total schnell auf die Nerven gehen und der eine wird den anderen rausschmeißen!“, so haben wir den Teufel vorher an die Wand gemalt. Wir befürchteten, dass die total unromantische „Haushaltsaufteilung“ nicht klappen würde. Du als freiheitsliebender Mensch hattest Bedenken, ich könne dich einengen. Ich dagegen fürchtete mich davor, als selbstverständlich hingenommen zu werden.

Und jetzt? Jetzt verbringen wir schon acht Wochen unseren kompletten Alltag gemeinsam. Jeden Morgen sehe ich nun in dein noch halb verschlafenes, grimmiges Gesicht, wenn du in der Früh mit mir aufstehst, weil ich zur Arbeit muss. Während ich arbeite, leuchtet mein Handy manchmal auf und da ist ein Kuss-Smiley oder ein „Alles klar bei dir?“ von dir. Wenn ich nachmittags nachhause komme, ist da plötzlich jemand. „Nachhause“. Ich dachte immer, mein Zuhause wäre in meinen eigenen vier Wänden. Nun wird mir jedoch immer klarer, dass das Blödsinn war. Mein Zuhause ist bei dir.

Natürlich streiten wir uns immer noch. Es fliegen auch schon mal richtig die Fetzen. Hauptsächlich wegen der üblichen Dinge, bei denen wir wohl immer unterschiedlicher Meinung sein werden. Deine Unordnung, mein manchmal übertriebenes Herumzicken, aber vor allem unsere so unterschiedlichen Gesten, mit denen wir einander unsere Liebe zeigen.

Leider hat sich die Art und Weise, wie wir uns streiten – meistens sehr emotional und mit viel Tamtam – in den acht Wochen, die das Probewohnen jetzt andauert, nicht verändert. Auch, wenn wir schon sehr lange zusammen sind, müssen wir wohl noch lernen, wie man richtig streitet. Denn so gegensätzlich wir in manchen Dingen auch sind, in Streitsituationen ticken wir sehr ähnlich: Wir sind beide von Natur aus stur, keiner von uns möchte von seinem Standpunkt abrücken. Obendrein sind wir sehr emotional. Aber das Ungünstigste an unserer Streitkultur ist wohl, dass wir beide direkt in der Situation reden, ohne wirklich nachzudenken. Dadurch verletzen wir den anderen oftmals.


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