Schluss mit der Angst

Nie war es so leicht wie heute, einen neuen Partner kennenzulernen. Und trotzdem erscheint es vielen Menschen schwerer denn je, die Liebe zu finden. Rein rechnerisch muss man sich fragen: Knapp 17 Millionen Singles in Deutschland – die müssten sich doch gegenseitig finden können, oder nicht?

Immer wieder werden Studien über die vielen Joghurt-Becher im Kühlregal zitiert, wenn es um Entscheidungsschwäche geht: Zu viel Auswahl verhindert demnach die Wahl. Viele Singles fühlen sich wie ein Joghurt-Becher: Sie werden aus dem Regal genommen, gemustert, bewertet, vielleicht sogar aufgerissen und probiert – und zurück ins Regal gestellt, weil der Käufer sich unsicher ist, die richtige Wahl getroffen zu haben und lieber noch weiter nach Alternativen umschauen möchte. Und dann stehen da viele Becher mit Gebrauchsspuren und haben Angst, dass sie nun gar niemand mehr haben will.

Nun ist ein Partner kein Joghurt und eine Beziehung befriedigt ganz andere Bedürfnisse, deshalb ist der Transfer solcher Studienergebnisse schwierig. Zunächst sind 100 Sorten Joghurt ein Luxusproblem, das 90 Prozent der Bevölkerung dieses Planeten gerne hätten. Aber vor allem geht es bei der Wahl des Joghurts um eine Frage des Geschmacks und der Vorliebe, nicht um etwas Essentielles oder gar Existenzielles wie die Liebe.

Das Bindungsverhalten steuert die Partnerwahl und die Partnersuche

Bei der Partnersuche geht es nämlich um das tiefe Bedürfnis nach Bindung zu anderen Menschen – und damit sind wir beim Bindungsverhalten. Das Bindungssystem ist eine durchaus existenzielle Prägung, die unser ganzes Leben beeinflusst. Kein Baby ist überlebensfähig ohne eine Bezugsperson – und die kann es sich nicht einmal aussuchen. Nicht jedes Elternteil ist so fürsorglich, wie es gut für das Baby wäre und immer, wenn dieses hilflose Wesen erfährt, dass seine Bedürfnisse nicht erfüllt werden, führt es einen kleinen Überlebenskampf.

Dieser Kampf wurde von dem Forscher John Bowlby ganz genau beobachtet. Wenn die Bezugsperson den Raum verlässt, schreien manche Babys und machen auf sich aufmerksam, andere wiederum verstummen und ziehen sich in sich selbst zurück – während wieder andere ungerührt weiterspielen. Dieses Phänomen hat Bowlby in seiner Bindungstheorie festgehalten. Später wurde deutlich, dass sich Erwachsene sich in ihrem Wunsch nach Bindung genauso verhalten, wie sie als Babys geprägt wurden: sicher, ängstlich oder vermeidend.


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