Meine Angst vor Verbindlichkeit

Bindungsangst aus der Perspektive eines Betroffenen: beziehungsweise-Autor Jonathan Bern fürchtet sich vor Nähe und Verbindlichkeit ebenso sehr wie er sich diese wünscht.

Ich muss feststellen, dass meine Ängste mein Leben immer noch stark beeinflussen. Ein banales Beispiel: Telefonieren stresst mich und verursacht Schweißausbrüche. Wenn ein Freund spontan anruft, gehe ich nicht ran. Ich schreibe aber zeitnah zurück. Ich kommuniziere überwiegend schriftlich, auch wenn ich weiß, dass es bei Meinungsunterschieden kontraproduktiv ist. Ich bevorzuge auch Sprachnachrichten, da ich die Kontrolle über das wann und wie behalte. In meiner jetzigen Beziehung funktioniert unsere Kommunikation nur auf diesem Weg. Mir ist klar, dass Missverständnisse vorprogrammiert sind. 

Ich schließe die unsichtbare Tür

Nach dem letzten Streit mit meiner aktuellen Freundin wurde mit bewusst, dass ich erneut in einer Sackgasse landen würde. Das Thema der Auseinandersetzung spielt eine untergeordnete Rolle. Per WhatsApp im Minutentakt zu schreiben, kann Probleme verschlimmern. Plötzlich steht man vor einem Scherbenhaufen und vor der Frage, wie es weitergehen soll. Innerlich ziehe ich mich zurück und blockiere jede Suche nach einem Kompromiss.

Ein konstruktiver Dialog ist in diesem Augenblick nicht mehr möglich. Ich schließe die unsichtbare Tür und drehe den Schlüssel zwei Mal um. Mein destruktives Verhalten begleitet mich seit meiner Kindheit. Die Angst ist meine vertraute Begleiterin, aber sie lässt sich nicht zähmen. Damals im Internat half sie mir zu überleben. Heute verschlimmert sie meine soziale Phobie und erschwert den Umgang mit meinen Mitmenschen. 

Nur beim Sex harmonieren wir perfekt

Ich fühle mich immer wieder unter Druck gesetzt. Ich kann den Erwartungen der Partnerin nicht gerecht werden oder ich bilde es mir ein. Manchmal fehlt mir die Motivation, an die Zukunft einer Beziehung zu glauben. Die Verletzungen vergangener Trennungen sind zum Teil noch nicht verheilt. Ich fühle mich gelähmt und kann die Zweisamkeit selten genießen. Meine Partnerin stellt resigniert fest, dass wir nur beim Sex perfekt harmonieren.

Es fehlen mir Argumente, um ihr zu widersprechen. Wenn von Anfang an Liebe nicht vorhanden war, sollte man sich keine allzu großen Hoffnungen machen. Jeder kann entscheiden, ob er mit dem Modell „Friends with Benefits“ zufrieden ist oder nicht. Momentan ist es die einzige Option, die ich mir vorstellen kann. Es mag egoistisch klingen, aber ich bin ehrlich. Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann. 


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