Du gingst heim und warst fort

Eben gingst du fort. Für dich war es ein dorthin gehen. Das sind die beiden Seiten derselben Medaille. Ich trinke noch einen Schluck, starre die fast volle Flasche an. Draußen singen die Amseln den Frühling und den Abend herbei, und ich hasse sie dafür, diese Mistviecher.

Seit Wochen, seit Monaten hatte sich das wohl still entwickelt, was heute endlich ausbrach und alles beendete. Ich sah es als Herausforderung, das, was bei uns nie gepasst hatte. Passen war nur ein Synonym für Ansprüche und eine Ausrede für: Herausforderungen annehmen. Aber das stimmte eben nicht. Nicht passen hat leider manchmal einfach keine Zukunft. Jetzt muss ich passen, mein Herz. Du bist mir verlorengegangen.

Es gibt versäumte Kämpfe umeinander. Und es gibt unmögliche Kämpfe. Kämpfe, die verlorengehen werden, früher oder später, die man nicht gewinnen kann. Lange habe ich das nicht geglaubt, aber ich habe dazugelernt.

Du gingst heim und mir schwant jetzt, am Fenster stehend, dass ich nichts mehr mit deinem Heim zu tun habe. Und dass du nicht mehr für mich Teilheimat meines Herzens bist und nie wieder sein wirst. Es ist aus und ich lasse alle Hoffnung fahren. Eine Stimme in mir wirft ein: Auch ein Aus ist nur eine Seite der Medaille.

Aber: Ich vermisse, wie du mit deinem Rucksack bei mir aufschlägst und mir ins Ohr flüsterst, dass du nie mehr gehen möchtest.

Ich möchte dir danken, für alles, was du für mich warst – und weil du es warst und sich die Vergangenheit nie mehr rückgängig machen lässt, auch immer bleiben wirst. Ich muss die Tore gar nicht durchschreiten. Alles ist noch hier. Wie dein Geruch, nur eben in Ewigkeit.


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