Schreib mir, Baby!

Vielleicht war früher wirklich alles besser. Zumindest war es leichter, was die Kommunikation zwischen zwei Liebenden anging, da ist sich Gastautorin Julia Malz sicher

Oder sagen wir – weniger komplex und interpretationsbedürftig. Naturellement, die moderne Technik macht es inzwischen möglich, dass wir eigentlich 24/7 miteinander ‚sprechen‘ können, auch wenn uns gerade der Arbeitsplatz, ein Besuch bei Mutti oder auch ein ganzer Ozean voneinander trennt. Sie bietet zudem noch ein recht engmaschiges Kontrollnetz, was die Interaktionsbereitschaft des Partners betrifft. Zugestellt, gelesen, zuletzt online, jetzt aktiv. ‚Papier ist geduldig‘ hieß es einmal. Das Display nicht. Und so vergisst man bisweilen gern, dass das Medium Textnachricht sich von der Realität eines tatsächlichen Gesprächs immer noch in wesentlichen Dingen unterscheidet. Wem also der Sinn nach einem realen, intensiven Dialog steht, der sollte entweder die Nummer des anderen wählen oder darauf warten, bis man sich wahrhaftig gegenüber sitzt. Sonst wird es für beide Seiten nicht nur aufreibend, sondern eventuell sogar verstörend.

Um die eigentlich so wunderbare Möglichkeit des digitalen Minibriefchens also sinn- und liebevoll zu nutzen, anbei der kleine Text-Knigge 3.0.

1. Don’t drink and text!

Die berühmte SMS von letzter Nacht ist in den verkaterten Morgenstunden meist ein schriftlicher walk of shame. Im besten Fall hat man mit zahlreichen Rechtschreibfehlern nur seine tiefe Liebe bekundet und wurde entsprechend ungehalten, wenn der andere diese um 3:47 Uhr nicht mehr erwiderte. Im schlechtesten Fall hat man aus einer irritierten Laune heraus die gesamte Beziehung und das ganze Scheiss-Leben in Frage gestellt.

2. Kein ‚Online‘–Terror

What’s app und ähnliche Dienste der sogenannten Echtzeit-Kommunikation sind Fluch und Segen zugleich. Leider blenden viele aus, dass der Status ‚online‘ nicht notwendigerweise direkte Gesprächsbereitschaft signalisieren muss und empfinden das doppelblaue Häkchen ‚gelesen‘ als Verpflichtung zur unmittelbaren Antwort. Dem ist nicht so. Freut euch, dass der andere eure – hoffentlich – lieben Worte gelesen hat und übt euch in Geduld, was die Antwort betrifft.

3. Emoji-Wahnsinn

Ihr wollt eurem geliebten Gegenüber eure tiefen Gefühle offenbaren und mitteilen, was ihr gerade tut? Use your words! Ein kleiner Herzchenbrief am Ende eines vollständigen Satzes ist eine hübsche Addition, eine Armada von Herz-tanzt-mit-Stern-und-Luftballon-und-dreifacher-Rakete kein anständiges Pendant zu einem liebevollen ‚Schlaf schön, Liebling.‘ Sprache ist etwas Schönes. Vor allem, wenn sie der Liebe dient.

4. Wenn’s schwierig wird: sachlich bleiben

Ja, manchmal müssen Dinge einfach gesagt werden. Manchmal liegen die Nerven so blank, dass man dem Unmut Luft machen muss, auch wenn der andere gerade mitten in einem Meeting ist oder gerade mit dem Fallschirm aus dem Heli springt. Aber ein Text kann niemals genau den Ton oder das Gefühl vermitteln, der oder das beim Schreiben mitschwingt. Trauer, Wut, Ironie, Sarkasmus, Verbitterung, Enttäuschung – die ganze Palette an negativen Emotionen kann sich dann beim Lesen in einen ziemlich hässlichen Topf aus Missverständnissen vermischen.

5. Wenn’s noch schwieriger wird: miteinander sprechen

Nun hat man sich im Textwechsel doch so aufgerieben, dass eine schriftliche Katastrophe droht. Armeen von Ausrufezeichen stehen unbeantworteten Nachrichten gegenüber. Hier sollte man unbedingt zum Hörer greifen oder das Gespräch auf einen Moment vertagen, wo man dem Partner in die Augen blicken kann. Sonst zerbricht eine schöne Geschichte womöglich noch an Geschriebenem, das gerade mal ein Display füllt.

6. It’s all about love

Ein kleiner Text kann etwas Wunderbares sein. Eine Liebeserklärung, gesprochen, gesungen, mit Foto versehen. Nutzt die Möglichkeit, Euch zwischendurch ein hübsches, kleines Liebes-Bonbon zu schicken, dass euch den Tag versüßt und auf den anderen freuen lässt. Denn dann ist die schöne, neue, digitale Welt der Minibriefchen ein kleiner Liebesbooster. Herzchen-Emoji!


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