Später werde ich meinen Kindern erzählen …

Sie wollte es nicht hören, doch verhindern konnte sie nicht, was wohl geschehen musste, wenn sich das Schicksal so viel Mühe gibt. Unsere anonyme Autorin über eine Lektion fürs Leben

Ich bewege mich vorbei an lachenden, dicken, Tracht tragenden Männern, mit gut gefüllten, stimmungsversprechenden Krügen, ausweichend durch die Menge. Versuche, nicht ständig die schön ausstaffierten Dekolletees zu betrachten.

Ich fühle mich gut. Ich bin mit meinen Lieben. Habe keinen Sorgen – außer die Toilettenschlange vielleicht. Meine Mädels suchen einen Tisch. Ich laufe an eurer Gruppe vorbei. Ich bin nicht interessiert und sehe daher nur halbherzig hin. Herzig genug, um dich genau in dem Moment das erste Mal in meinem Leben zu sehen, in dem du dein schönstes Lachen zeigst. Einer von euch hat dir was ins Ohr gesagt und du lachst … und mich haut es fast um. Ich schaue dich an und weiß, dass du nicht so einfach vergessen sein wirst.

Plötzlich ist es wieder laut um mich herum. Gelächter, Musik, Geschirr … Ich gehe weiter, denn obwohl ich das Gefühl hatte, kurz die Luft angehalten und stehengeblieben zu sein, bin ich an unserem Tisch angekommen. Unser super gewählter Tisch. Direkt neben euch. Ich weiß bis heute nicht, ob das gut oder schlecht war. Ich beobachte dich. Du bist schön. Ich merke, wie interessiert ich plötzlich bin. Und wie aufgeregt.

Du weißt noch gar nichts von meiner Existenz und ich weiß jetzt schon, dass dies entweder verdammt wehtun oder etwas ganz Großes sein wird. Ich nippe aufgeregt an meinem mit Stimmung gefüllten Krug und versuche die Gelassenheit wiederzufinden.

Später werde ich immer wieder von diesem Augenblick erzählen, immer dann, wenn sie mich fragen, warum ich das alles mit mir machen lasse. Immer dann, wenn du mein Leben wieder ein bisschen schwer machst. 

Meine Freunde kennen mich, mit frech zusammengekniffenen Augen werde ich von ihnen gemustert. Und das Urteil ist klar, du gefällst mir. Man kann mich lesen wie ein Buch. Meine Freunde sprechen dich an. Weil ich mich fühle wie mit 15 und vor Scham am liebsten im Boden versinken würde.

Später wirst du mir sagen, dass du gehofft hast, dass ich es bin, „die sich nicht traut“.

Wir kommen tatsächlich ins Gespräch. Ich bin so glücklich in diesem Moment. Der Abend wird noch lang werden. Wir werden tanzen und lachen und uns küssen. Und ich werde mich da schon in dich verlieben. Am Morgen wirst du mir deine Nummer und ich dir mein Herz geben …


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