Polyamorie – Das Gegenteil der Monogamie?

Auch polyamore Beziehungen müssen gepflegt werden

Es gilt: Nichts ist unmöglich, aber viel Zeit nötig. Denn Beziehungen müssen gepflegt werden. Anders als Liebe, die mehr wird, wenn man sie teilt, müssen wir mit unserem Zeitkonto gut haushalten. Mehrere Menschen zu lieben erfordert viel Aufmerksamkeit, Planung und Feingefühl. Im besten Fall ergänzen sich alle Parteien prima und gönnen sich gegenseitig die gemeinsame Zeit, vielleicht lebt man sogar bereits zu 3 oder 4 – wie auch immer.

Aber oftmals bekam ich polyamore Liebesgeschichten eher im Kontext langjährig geführter monogamer Ehen präsentiert. Soll heißen: es handelte sich zumeist um Ehepaare, die, nachdem die Kinder aus dem Haus und/oder die rosarote Brille längst verblasst war, sich dazu entschieden, fortan auch andere Menschen in ihr Leben zu lassen. Jedoch geht es hierbei ganz klar um mehr als nur Sex, wie es hingegen in offenen Beziehungen oftmals der Fall ist. Polys (Menschen, die polyamorös leben) stellen gern zu Beginn des Gesprächs heraus, dass es ihnen darum geht, ihre Liebe zu teilen und sie es als eine wunderschöne Vorstellung empfinden, eben diese von mehreren Menschen zurückzuerhalten. Mehr Liebe für alle! Klingt das nicht wunderschön? Ja, tut es. Schließlich lieben wir unsere Kinder, besten Freund*innen, Familie und Arbeitskolleg*innen ja manchmal auch auf eine ganz besondere Art und Weise. Wieso sollten wir also in unseren (Liebes-)Beziehungen auf einmal Abstriche machen und uns auf lediglich eine Person beschränken?

In der Theorie klingt vieles gut, in der Praxis wiederum tut einiges sehr weh.

Vertrauen und Offenheit sind hier natürlich ebenso wichtig wie in offenen Beziehungen. Mehr noch: hierbei geht es schließlich auch um Gefühle; um mehrere Menschen, die sich einen Alltag teilen oder zumindest am Alltag der anderen teilhaben. Patchwork-Familien sind hier nicht aus Trennungen, sondern Erweiterungen entstanden. Ist das nicht ein schöner Gedanke? Die Familie vergrößert sich und alle Mitglieder feiern zusammen unterm Weihnachtsbaum, ohne zehrende Gedanken im Vorhinein, wer wann und wo erscheinen darf/sollte und wie man sich dem/der Expartner*in gegenüber (nicht) verhält… geschweige denn gegenüber seiner/ihrer Begleitung. Und was wird nur aus den Kindern? Die sollen schließlich am Ende auf eine glückliche und behütete Kindheit zurückschauen, in der Mami und Papi gemeinsam und mit Fürsorge im Doppelback die Familienidylle schützten und repräsentierten.

Funfact: Kindern ist es letztlich egal, ob sie 2 Mütter oder 2 Väter, oder besser gesagt: mehrere Fürsorger haben – im Gegenteil.

Ein Kind kann gar nicht genug Bezugspersonen haben, bedingungslose Liebe zu erhalten ist das größte Geschenk und das Beste, was ein Kind für das Aufwachsen benötigt. Rosenkriege und Scheidungs-Streitereien gehören bestimmt nicht dazu, vor allem aus Gründen, die ein Kind normalerweise nicht versteht. „Was hat Papa denn nun mit der anderen Frau so Schlimmes gemacht, dass Mama auf einmal depressiv Zuhause hängt und kaum ein Tag vergeht, an dem sie wieder nicht gelacht hat? Wieso schreien meine Eltern sich auf einmal ständig an und warum ist Papa so verdammt sauer auf Mamas besten Freund?“ (uvm.)

Alles Gedanken, die ein Kind nicht unbedingt zuzuordnen weiß und für die es erst recht nicht verantwortlich ist. Für die Konsequenzen leider in der Mehrheit der Fälle schon, denn diese haben vor allem die Kinder zu tragen. Und meistens prägt das am Ende ihr gesamtes Kindsein und somit auch ihr inneres Kind. Auch seine Vorstellungen von Liebe und Beziehungen werden dadurch maßgeblich geprägt: Liebe ist auf einmal nicht mehr bedingungslos. Eine Sache nimmt ganz gewiss jedes Scheidungskind auf seinen Lebensweg mit: Beziehungen sind gefährlich, Beziehungen bedrohen Existenzen… in den meisten Fällen. Natürlich gibt es auch Ausnahmen und Scheidungssituationen, die eher an eine Erlösung erinnern.


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Absolut nicht. Jede*r von uns, der sich aktiv auf Social Media, allen voran Instagram, rumtreibt, kriegt nicht genug zensierte weibliche Nippel zu sehen. Der Aufschrei ist nach wie vor groß und neben prominenten Vertreter*innen, zeigen auch jede Menge Künstler*innen, Fotograf*innen regelmäßig, was sie von der ungerechten Zensur halten.