unerhört: Er sagt, er liebt mich, dennoch hat er eine andere Frau geheiratet

Unsere beziehungsweise-Leserin kommt nicht von ihrer Affäre los. Der zeigt widersprüchliche Signale. Zwar hat er seine Freundin geheiratet, aber er will die Geliebte dennoch nicht aufgeben.

Antwort: Wenn Sie nicht eine polyamore Beziehung eingehen wollen, dann beenden Sie die Affäre

Aus der Ferne kann ich Ihnen seriös keinen Grund für Ihr Verhalten und Ihre Gefühle nennen. Meine Vermutung nach Ihrer Schilderung ist, dass Sie sich beide einmal mit Ihrem Bindungsverhalten beschäftigen könnten, um möglicherweise dort eine Erklärung für Ihre gegenseitige Anziehung zu finden und welchen Anteil möglicherweise Bindungsangst oder Verlustangst daran haben. Sie haben ihn nach einer schmerzhaften Trennung kennengelernt. Möglicherweise steht diese Erfahrung im Zusammenhang mit der Anziehung, die Sie jetzt verspüren.

Auf jeden Fall muss sich etwas verändern, damit Sie wieder Glück und Zufriedenheit erleben können. Die aktuelle Situation belastet Sie. Aber das scheint Ihnen nach Ihrer Schilderung nicht so ganz bewusst zu sein: Sie belastet diese Affäre deutlich mehr als ihn, denn er hat parallel einen sicheren Hafen. Ihre Beziehung ist nicht auf Augenhöhe und Sie sind von seiner Zeit, seinen Entscheidungen abhängig, solange er sich nicht doch noch gegen seine Partnerin entscheidet.

Ich fürchte auch, dass Sie ihn und Ihre Affäre ein Stück weit idealisieren. Ihr Partner hat im Wissen um seine Gefühle für Sie den Antrag seiner Freundin angenommen. Ist ein Mensch, der so etwas macht, tatsächlich der Partner, dem Sie vertrauen können? Seine Frau hat ihm vertraut, vertraut ihm heute noch, er sagt, er liebt sie – und er betrügt und belügt sie dennoch. Wie können Sie sicher sein, dass dieses Verhalten nicht eines Tages auch Sie trifft? Können Sie sich überhaupt sicher sein, dass er ehrlich zu Ihnen ist? Die kurze Vorbereitungszeit der Hochzeit und das Geständnis seiner Gefühle genau einen Tag vor der Verlobung? Ist es möglich, dass Sie manipuliert werden? Denn ebenso überzeugt wie Sie, dass er Ihnen gegenüber ehrlich ist, denkt das seine Frau. Und es stimmt einfach nicht.

Bitte bedenken Sie auch: Sie schreiben, Sie fragen sich, wie seine betrogene Partnerin ihm einen Heiratsantrag machen konnte. Ich sehe da durchaus Parallelen zu Ihrem Verhalten. Sie nehmen ihn zurück, obwohl er eine Entscheidung für eine andere Frau getroffen hat. Einen so großen Unterschied mag ich nicht erkennen.

Sie sprechen von Anziehungskraft wie Magneten. Damit drücken Sie aus, Sie seien hilflos. Dem ist aber nicht so. Sie haben alle Möglichkeiten und können die Entscheidungen, die Ihr Leben beeinflussen, selbst treffen. Und dazu gehört, dass Sie sich die Frage stellen, ob Sie nicht lieber in einen Partner investieren wollen, der sich Ihnen ganz und gar zuwendet.

Wenn dies nun gar nicht gelingen mag, dann besteht noch eine Möglichkeit, die zumindest ehrlich für alle Beteiligten ist, also auch für seine Frau: Vielleicht ungewöhnlich, aber möglicherweise ist ein polyamores Beziehungsmodell für Sie eine Alternative? Auch wenn mein Eindruck ist, dass dieses Modell vor allem ihm entgegenkommen würde und nicht so sehr Ihnen und seiner Frau: Aber dann müssen Sie sich zumindest nicht mehr heimlich treffen.

unerhörtehrlich

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