Würdet ihr einen Partner wollen, den die Mutter verkuppelt hat?

Eine Agentur verkuppelt im Auftrag der Mütter introvertierte Söhne. Klingt strange, aber ist es das wirklich? In einer Zeit, in der Dating-Portale den Zufall immer mehr ersetzen, wir uns alle Nähe wünschen, aber nicht jeder eine Beziehung will – ist es da nicht konsequent und naheliegend, andere Menschen für uns Amor spielen zu lassen?

Freunde verkuppeln jetzt auch digital

Manchmal geht es aber doch. Zumindest, wenn man dem Gründerteam von „BlindMate“ glaubt. Die App bietet Freundinnen eine Plattform, um dort nach einem passenden Match für die Single-BFF zu suchen. „Mit den besten Freundinnen redet man eh ständig über Beziehungen – sie haben deshalb oft einen besseren Blick dafür, zu wem man passt und zu wem nicht.Zwei von uns, Anna und Ben haben sich im Erasmus-Semester über ihren Freundeskreis kennengelernt“, erzählt Andi, einer der vier Gründer, „die übliche Story: Man versteht sich richtig gut und die Freunde schnallen viel schneller als man selbst, dass da „mehr“ ist.Uns ist dann aufgefallen, dass sich die meisten glücklichen Paare in unserem Umfeld über den Freundeskreis kennengelernt haben – damit stand dann der Gedanke, ob wir daraus nicht irgendwie eine App entwickeln können.“ 2021 entstand aus dieser Idee BlindMate, eine Dating-App, die Online-Dating „weniger einsam machen“ soll. „Wir wollten gern, dass das Dating wieder mehr an das Kennenlernen zu Schulzeiten, in Bars und auf Partys erinnert“, sagt Gründer Andi.

Die Idee klingt so weit einleuchtend, und solange wir unser Match dann nicht vor 20 gespannten Zuschaueraugen zum ersten Mal daten (siehe mein gescheiterter Verkupplungs-Versuch…) stehen die Chancen, bei einem solchen Kennenlernen jemanden zu treffen, der zu uns passt, wirklich ganz gut.„Bei „BlindMate“  sind wir sehr diskret“, sagt Gründer Andi, „und man kann nur verkuppelt werden, wenn man das selbst auch wirklich will und man selbst wählt aus, wer einen überhaupt verkuppeln darf.Bei den meisten sind das nur 2-5 Personen, denen man das erlaubt.“ Am Ende sei Verkuppeln immer auch eine „Vertrauenssache“, sagt Andi. „Zum Beispiel kennen unsere Kollegen uns dafür in der Regel einfach nicht gut genug, damit es sich richtig anfühlen würde, sie Partner für uns suchen zu lassen. Wir vier Gründer von „BlindMate“ würden uns nur von unseren engsten Freunden und Geschwistern verkuppeln lassen. Die kennen uns am besten und denen vertrauen wir – das sind die beiden Voraussetzungen, damit das mit dem Verkuppeln klappt.“

Meinen Freundinnen würde ich es definitiv zutrauen, jemanden Passendes für mich zu finden.

Verkupplungsversuche, die von der eigenen Familie ausgehen, sind da schon schwieriger. Wer Single ist, kennt die quälende Frage, die auf jeder Familienfeier und jedem größeren Zusammentreffen gestellt wird: „Gibt es da bei dir jemand Neues?“ Nein, Mann und wenn ich darüber reden wollte, dann hätte ich schon lange davon erzählt. Mischt sich die eigene Familie in das Dating-Leben ein, hat das immer etwas von „beim Rauchen / Sex / Schwänzen erwischt worden sein“: es fühlt sich peinlich an und man möchte einfach nur ganz schnell weg.

Wenn Eltern einen versuchen zu verkuppeln wird es creepy

Wie muss es sich da wohl erst anfühlen, wenn die Eltern versuchen, einen zu verkuppeln? Genau das können Mütter bei der Agentur „Logisch Charmant“. Hier gibt es „Smart & Charming“-Pakete für introvertierte Söhne zu verschenken. Der Inhalt: Schlagfertigkeits-Training, Live-Coaching und eine Erweiterung der kommunikativen Fähigkeiten von Männern. „Eltern wünschen sich für ihre Kinder ja bekanntlich das Beste“, sagt Marie, 29, deren Mutter in der Vergangenheit versucht hat, sie zu verkuppeln, „ob das Beste aber immer zwangsläufig eine Beziehung sein muss, finde ich fraglich. Meine Mama hat eine Zeit lang versucht mich zu Firmenfeiern von sich mitzunehmen, auf denen auch einige Single-Männer anwesend waren… Ich fand das tierisch peinlich. Eine Zeit lang hat sie auch immer wieder gefragt, wie es meinen Ex-Freunden geht, und ob ich mich nicht mal wieder mit meinem Ex-Freund treffen möchte. Ich habe ihr dann klipp und klar gesagt, dass sie sich aus meinem Liebesleben raushalten soll. Für mich hat das eine Grenze überschritten.“

Vielleicht ist es das, was verkuppeln mitunter so schwierig macht: als Person, die verkuppelt werden soll, haben wir, je nachdem, wer einen verkuppeln will, schnell das Gefühl, irgendwie „mangelhaft“ zu wirken, so als würde uns indirekt unterstellt werden, nicht zu reichen. Ob das so ist, können wir am Ende nur selbst beurteilen.

Sind wir unglücklich als Single und haben wir das jemals so erwähnt, oder entscheidet da jemand Fremdes über uns und versucht uns in ein Lebensmodell zu drängen, das wir für uns möglicherweise so gar nicht haben wollen? Und umgekehrt: versucht uns jemand zu verkuppeln, weil wir immer wieder der falschen Person hinterherlaufen, in toxische Beziehungen geraten, oder auf halbem Weg das Interesse verlieren, warum sollen wir aus Eitelkeit nicht auf den Rat von Menschen, die uns lieben, hören? Manchmal sehen vier Augen mehr als zwei, und wir müssen alte Muster ändern, um nicht immer wieder denselben Fehler zu machen. Kommt am Ende durch fremde Hilfe Liebe dabei heraus, ist es doch ohnehin egal: Liebe fragt nicht, Liebe ist. Das Suchen können da ruhig andere übernehmen.


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