“Waren meine Ex-Freunde am Ende doch besser, als das, was jetzt noch zu haben ist?”

beziehungsweise-Autorin Nina Ponath schreibt darüber, wieso es gar nicht so verwunderlich ist, dass wir Ex-Freunde zurück in unserem Leben haben wollen. 

Man mag jetzt denken, was man will über solche On-Off-Beziehungen

Fakt ist aber, dass es, wenn es um Liebe geht, nicht nur um die zwei Menschen, die sich treffen, und miteinander eine Partnerschaft eingehen wollen, geht. Wenn es um die Liebe geht, kommen wir auch um den Faktor ‚Timing‘ nicht drum herum. Soll heißen: Jemand kann noch sehr zu uns passen, wenn das Timing nicht stimmt, wird es schwierig. Und dass das Timing stimmt, wird immer schwieriger.  

Es gibt heute ja so vieles, was man erst in Angriff nehmen, was man noch erleben möchte, bevor man sich festlegt. Wer „Work & Travel“ durch Australien, eine Yogalehrerausbildung in Bali machen und nebenbei an der Karriere feilen will, hat weniger Platz für Kompromisse. Der ist ja schon mit der eigenen Selbstverwirklichung besetzt.   

Der stetige Vergleich mit den Ex-Freunden

Ich habe in der Zeit, als wir getrennt waren, alles nachgeholt, wofür ich in der Beziehung keine Zeit hatte“, sagt Mira. Kommilitonen aus dem Studium kennenlernen, das erste Mal allein in den Urlaub fahren, finanziell unabhängiger werden. Tim war aus sicherer Distanz die ganze Zeit über dabei, denn die beiden blieben per Instagram miteinander vernetzt. So richtig aus dem Kopf ging Mira ihr Ex-Freund auch während der Trennung nicht. „Ich habe alle Männer, die ich kennengelernt habe, immer erst mit ihm verglichen.“   

Kann ich verstehen. Je älter wir werden, desto mehr Ballast tragen wir eben auch mit uns herum. Ballast, den wir, auch wenn wir es wollen, nicht gänzlich vergessen können, wenn wir unserem Date in der Bar in die Augen schauen und uns fragen, ob wir über den Witz eigentlich wirklich lachen, oder nur höflich sein wollen? Ist das hier echte Begeisterung und wie hat sich das früher angefühlt, wenn wir uns verliebt haben? 

So richtig weiß man das ja auch gar nicht mehr. Denn nach ein paar Monaten bis Jahren sehen wir die vergangenen Beziehungen immer auch ein bisschen durch die rosarote Brille der Verklärung. Diese Art von Rückspiegel macht den Streit um die leere Zahnputzpasta und den vermasselten Urlaub auf Mallorca viel erträglicher, als sie tatsächlich waren. 

Woher Mira wusste, dass sie die Beziehung nicht verklärt?

Ausprobieren“, sagt sie. Am Ende ist es mit Ex-Freunden ja auch nicht anders als mit Menschen, die man neu kennenlernt – eine Garantie gibt es nicht. Was aber anders ist im Vergleich zu den Menschen, die man erst noch kennenlernen muss, ist, dass man schon früher das Innere ausgepackt hat. Es gibt also keine neuen Überraschungen, wenn der Partner nach und sein ganzes Gesicht zeigt und man schon eine Ahnung hat, worauf man sich einlässt. Und manchmal kann sich ein Mensch ja auch so verändern, dass sich die vorherigen Probleme ganz auflösen.  

Ich glaube, unsere Beziehung funktioniert heute, weil wir beide erwachsen geworden sind“, sagt Mira, „heute fühlt sich das viel mehr wie eine echte Partnerschaft an.“  

Was nicht zuletzt auch an Mira selbst liegt. Vielleicht ist Liebe am Ende auch eine Entscheidung. Die Entscheidung, sich zu committen und einem anderen Menschen die Chance zu geben, eine besondere Rolle im eigenen Leben einzunehmen. Egal, ob wir diese nun mit dem Unbekannten aus der Bar, oder mit einem unserer Ex-Freunde besetzen. Und falls wir dabei doch die falsche Entscheidung treffen? Dann ist das Gute daran, altersmilde zu werden, dass wir uns so auch selbst immerhin besser verzeihen können.  


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