Den neuen Schwarm verstecken: Was sich hinter dem feigen Dating-Phänomen “Stashing” verbirgt

Und vielleicht beginnt bei der Kontaktaufnahme mit möglichst reduzierter Furcht bereits, was später zum Stashing führt: Wer kaum oder wenig Mut zu Beginn des Kennenlernens aufbringen musste, ist für spätere Herausforderungen der Kennenlernphase nicht gut gerüstet. Und sind Ghosting, Benching und all die anderen Dating-Phänomene nichts anderes als Zeichen von mangelndem Mut, sich mit Zurückweisung auseinander zu setzen? Wer “ghostet” und sich ohne Abschied aus dem Staub macht, drückt sich um den Schmerz des Schlussmachens. Wer “bencht”, also den Kontakt auf “die lange Bank” schiebt, hat Furcht vor einer Entscheidung, zu der man später verbindlich stehen müsste. Und wer den Schwarm versteckt, schützt sich vor der Meinung anderer.

Das Problem des “Stashing” für den Versteckten: Vorgestellt werden bedeutet Anerkennung. Die ist wichtig – aber niemand möchte von ihr abhängig sein. Ein stark ausgeprägter Wunsch nach Anerkennung lässt auf einen verletzten Selbstwert schließen, der durch Lob aus dem Umfeld gestärkt werden soll. Jeder möchte Bestätigung erfahren, aber gleichzeitig nicht bedürftig danach wirken. Wer sich fragt, warum man dem Freundeskreis noch nicht vorgestellt wurde, muss dabei auch mutig Inventur der eigenen Gefühle und Wünsche machen: “Stört mich die mangelnde Verbindlichkeit oder benötige ich so dringend Anerkennung?”

Der Grund für die plötzliche Explosion von Neubennenung altbekannter Dating-Phänomene (Ghosting, Benching, …) in letzter Zeit hat wohl vor allem zwei Gründe: Online Dating verändert die erste Kontaktaufnahme zunehmend. Es braucht einfach weniger Mut, ein Herz zu senden oder ein Like zu drücken, als einer Person unmissverständliches Interesse zu zeigen – und dabei zu riskieren, eine reale, schmerzhafte Rückweisung zu erfahren. Alle neuen Dating-Phänomene scheinen dies auch gemeinsam zu haben: Angst. Angst zu sagen, dass es wohl nicht miteinander klappen wird, dass man einen anderen, vielversprechenderen Kontakt verfolgen will oder davor, nicht genug Anerkennung zu erhalten. Der zweite Grund ist das Internet selbst. Neue Begriffe, ganz besonders solche bisher selten verwendete Kunstbegriffe, locken Menschen auf Seiten, die sie sonst nie besucht hätten.


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