„Hast du deine Tage?!“ 

Den Spruch bekommen Menstruierende sowohl im privaten, als auch im beruflichen Umfeld zu hören, wenn sie vermeintlich nicht gut drauf sind. Dieser ist jedoch sexistisch und sollte aus dem Wortschatz gestrichen werden.

Als ich noch zur Schule ging, wurden ich und andere Mädchen von den Jungs in meiner Stufe des Öfteren gefragt, ob wir denn unsere Tage hätten, wenn sie uns für zickig und schlecht gelaunt hielten. Leider eine sexistische Annahme, die sich auch heute noch hartnäckig hält. Und die gibt es nicht nur unter Teenagern, sondern auch als Erwachsene wird man damit konfrontiert. Ich erinnere mich da beispielsweise an diesen einen, mir bis dahin unbekannten, Mitbewohner eines Kumpels, der sich unserer Gruppe beim Ausgehen angeschlossen hatte und mich fragte, warum ich denn so zickig sei: „Hast du deine Tage?“ Oder der eine Kollege, der meine Kollegin im Team-Meeting vor allen anderen selbiges fragte.   

Fakten rund um die Menstruation

Ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung hat, hatte oder wird mal einen Menstruationszyklus haben. Mit Menstruation, Periode oder “die Tage” ist die erste Phase im Menstruationszyklus, der im Durchschnitt 29 Tage dauert, gemeint. Aber Menschen sind keine Schweizer Uhr, deshalb können es auch 24 bis 37 Tagen sein. Die Blutung selbst kann zwischen drei und sieben Tagen andauern.

Dabei wird eine unbefruchtete Eizelle zusammen mit Blut, Gebärmutterschleimhaut und Vaginalsekret ausgeschieden, sodass Platz für eine neue Eizelle entstehen kann. Pro Zyklus verliert der Körper zwischen 25 bis 80 Milliliter Periodenflüssigkeit. Die Menstruation existiert und ist Grundlage für das menschliche Fortbestehen. Das sollten wir anerkennen. Wie kann es also sein, dass so viel Unwissenheit über die Menstruation besteht, dass sie regelrecht tabuisiert wird und dass sexistische Vorurteile damit verbunden sind? 

Periode ist politisch!

Unternehmen wir eine kleine Zeitreise. Franka Frei hat in ihrem Buch Periode ist politisch* historisch aufgearbeitet, woher die Tabuisierung und Abwertung kommt und wieso sie sich bis heute hält. Das Perioden-Shaming findet sich bereits in den religiösen Schriften – ganz egal welche Weltreligion man sich anschaut. Ein Beispiel gefällig? Im 3. Buch Mose heißt es: „Wenn eine Frau Ausfluss hat, und zwar den Blutfluss ihres Fleisches, so soll sie sieben Tage lang in ihrer Unreinheit verbleiben. Wer sie berührt, ist unrein bis zum Abend. Alles worauf sie sich in diesem Zustand legt, ist unrein; alles worauf sie sich setzt ist unrein.“ 

Andere Beispiele aus der Vergangenheit: Aristoteles und Hippokrates sahen in der Menstruation die geistige oder körperliche Unterlegenheit des „Weibes“. Gegen Anfang des 20. Jahrhunderts wollten auch Frauen endlich Universitäten besuchen. Ein „Grund“, um das abzulehnen, fanden Professoren darin, dass mit zu viel Blutfluss im Hirn, nicht mehr genug für die Reproduktionsorgane übrig bliebe. Und Reproduktion, aka Kinder kriegen, war ja die wahre Bestimmung. Es gab auch Gelehrte, die Menstruationsblut für giftig hielten. Erst 1958 wurde diese Theorie final widerlegt. 

Das Image rund um die Menstruation

Ihr seht also, die Menstruation hatte in der Vergangenheit kein gutes Image. Misogynie lässt grüßen. Kein Wunder also, dass heute davon noch etwas übrig ist. Eben gerade die Annahme, dass viele Menschen Menstruation für ekelig und unrein halten. Dass viele Menschen – vor allem Personen, die selbst nicht menstruieren – gar nichts über die Menstruation wissen. Dass oftmals Tampons unter vorgehaltener Hand weitergereicht werden, sodass bloß niemand merkt, dass man seine Periode hat. 

Denn für viele von uns ist das Thema im Unterbewusstsein mit Peinlichkeit verbunden. Deshalb regiert häufig das große Schweigen. Laut Zyklus-App-Hersteller Clue soll es weltweit mehr als 5.000 euphemistische Umschreibungen für die Menstruation geben, in der deutschen Sprache beispielsweise „Tante Rosa”. Weltweit sollen nur drei von zehn in einer Partner*innenschaft, in der nur eine Person menstruiert, die Periode schon mal thematisiert haben. Auch für mich war dieses Thema früher mit großem Unbehagen verbunden. Ich wusste nicht, wie ich mit einem Partner darüber sprechen kann.

Wissen über Menstruation hilft

Aber es zu versuchen lohnt sich aus meiner Erfahrung. Mittlerweile haben mir Partner auch schon beim Wechseln von Menstruationsprodukten zugeschaut, sich verschiedene Methoden erklären lassen (z.B. Menstruationstasse und -schwämmchen) und waren nicht zuletzt beim Sex während der Tage mit dem Blut selbst konfrontiert.  

Was bei vielen Dingen im Leben gilt, gilt auch bei diesem Thema: Wissen hilft. Wissen über Menstruation hilft, weil so können Tabus und Vorurteile abgebaut werden. Worüber wir auch sprechen sollten, sind die oft starken Schmerzen, die viele Menstruierende mit der Einnahme von Schmerzmitteln „behandeln“.  

PMS sollte weiter erforscht werden. Denn darüber herrscht nach wie viel vor Unwissenheit. Unter dem sogenannten prämenstruelle Syndrom (PMS) werden Beschwerden verstanden, die Menstruierende VOR der Regelblutung haben können. Typisch sind Stimmungsschwankungen, Unterleibs- und Kopfschmerzen. (Wenn also Stimmungsschwankungen auftreten, dann eher, bevor Blut fließt.) Auch Endometriose – eine Unterleibserkrankung bei Menschen mit Uterus, bei der sich Gebärmutterschleimhaut außerhalb des Uterus ansiedelt, was zu starken Schmerzen führt – sollte weiter erforscht werden. Denn obwohl so viele darunter leiden, herrscht hier große Unwissenheit.

Und zu guter Letzt noch:

Ich denke, dass viele Menschen und insbesondere cis-Männer immer noch überrascht sind, wenn sich eine Frau nicht (nur) lieb, nett und fürsorglich zeigt. Denn stereotypisch ist es das, was von Frauen in dieser Gesellschaft oftmals noch erwartet wird. Wenn sie also mal nicht gut gelaunt oder einfach nur bestimmend ist und dann der doofe Spruch „Hast du deine Tage?“ kommt, dann hat das auch damit zu tun, dass es einfach immer noch für Überraschungen sorgt, wenn sie nicht die von ihr erwartete Freundlichkeit liefert.  

Ich wünsche mir, dass dieser Satz aus dem Wortschatz gestrichen wird und wir uns stattdessen um unsere menstruierenden Mitmenschen kümmern und in einer Partner*innenschaft auch einfach mal wie selbstverständlich eine Wärmflasche machen. Dass wir uns offen über unsere Erfahrungen austauschen, dass Menschen, die nicht menstruieren zuhören, denn viele von uns bluten nun mal einmal im Monat. 

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