Freundschaft plus (F+) vs. offene Beziehung

Freundschaft Plus und offenen Beziehung – auf den ersten Blick haben die beiden Modelle eins gemeinsam – den Verzicht auf ein sexuelles Exklusivrecht. Doch Bereits das Wording „Beziehung“ vs. „Freundschaft“ verdeutlicht die Unterschiede innerhalb des sozialen Beziehungsgefüges. Doch was eignet sich für wen?

Das Patriarchat lässt grüßen – mal wieder

Vielleicht übt das im Vorhinein bereits etwas zu viel Druck auf die Männerwelt aus, denn die leidet ebenso unter den Fängen des Patriarchats. Schließlich hat nicht jeder Mann Bock, den Gentleman oder heldenhaften Prinzen auf dem weißen Ross zu spielen, um so um sexuelle Aufmerksamkeit zu buhlen. Außerdem sieht sich auch nicht jeder Mann automatisch als Familienversorger oder Fels in der Brandung, manchmal möchten auch Männer sich anlehnen und aushalten/ausheulen lassen. Eine kumpelhafte Bindung inklusive unverbindlichem Sex und dennoch vertraute freundschaftliche Nähe – klingt doch nach dem perfekten Match.

Vielleicht ist es aber auch so, dass sich die Herren der Schöpfung von Vorneherein nicht dem steinigen Weg zu Beginn einer offenen Beziehung, im Kampf gegen die Eifersucht und Konkurrenzdenken, stellen mögen. Natürlich: Jeder Mensch ist anders und jede Verbindung auch. Dennoch habe ich es in der Vergangenheit und auch aktuell in meinem Umfeld immer wieder mitbekommen, dass offene Beziehungen eine gewisse Zeit brauchen, bis sie sich endgültig eingegroovt haben und gleichermaßen harmonisch fremdgedatet wird. Eine Freundschaft plus läuft dieser Gefahr, zumindest laut Etikett, nicht entgegen und allein der Begriff klingt weniger gefährlich; breiter gestrickt; toleranter und offener gegenüber verschiedenen (Fehl-)Verhaltensweisen …

Wenn man sich wiederum auf gängige Stereotypen beruft und demnach davon ausgeht, dass Männer generell Sex und Gefühle leichter trennen können als Frauen, dann ist eigentlich recht schnell klar, warum Männer sich eher auf eine Freundschaft plus einlassen, schließlich haben sie klischeemäßig gedacht auch weniger (emotionales) Leid zu befürchten und kein Problem damit, auf den romantischen Charakter einer Affäre zu verzichten.

Apropos Klischees und Stereotypen …

Klar: Frau braucht (eher) Bindung und ein romantisches Backup, um sich fallen lassen und den Sex vollends genießen zu können. So der gesellschaftliche Narrativ – stimmt bestimmt auch, aber Ausnahmen bestätigen eben immer die Regeln. Außerdem: Wer hat eigentlich gesagt, dass Männer generell einfacher umschalten und sich von jetzt auf gleich vom Kumpel zum Liebhaber verwandeln können? Ich denke, dass es auch hier männliche Geschöpfe gibt, denen das auch nicht wirklich leichtfällt und die sich hier und da bestimmt auch mal etwas mehr Romantik oder Intimität wünschen.

Die Frage sollte also eher sein: Welchen Preis ist man(n) bereit zu zahlen, um darauf zu verzichten? Und ja, zugegeben: Männer stellen sich vielleicht nicht so gerne ihren Gefühlen und dementsprechend auch nicht unbedingt gerne denen, ihres Gegenübers. Das ist natürlich nicht generalisierend gemeint, dennoch zeigt mir meine Erfahrung und Gehörtes immer wieder, dass Frauen eher dazu neigen, sich auf komplexe emotionale Situationen einzulassen und auch die „arbeitsintensiven“ Aspekte einer zwischenmenschlichen Bindung (immer diese Erwartungen) in Kauf nehmen. Sie verschließen sich nicht so schnell vor ihren Gefühlen oder denen der anderen.

Aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regeln! Nicht alle Männer sind gleich, aber auch nicht alle Frauen. Es ist daher auch etwas „einfach“ zu sagen, dass die gesamte Männerwelt die Freundschaft plus präferiert.

Am Ende müssen wie immer alle Teilnehmenden ihre Grenzen setzen und kommunizieren. Anders geht es eben nicht. Entweder es passt oder eben nicht. Zur Not gibt es aber immer noch die Möglichkeit, sich dem Etikettierungswahn einfach zu entziehen und die Dinge einfach auf sich zukommen zu lassen.

Auch schön – und weitaus entspannter.


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