Ist er asexuell oder stimmt irgendwas nicht?

Julius musste lange auf die Frau seines Lebens warten. Er hatte an jeder Partnerin etwas auszusetzen. Entweder kamen sie ihm zu nah oder sie blieben ihm zu fern. Mit keiner bekam er das Verhältnis von Nähe und Distanz hin, weil genau das sein wunder Punkt war und ist.

Seine sexuelle Passivität sei durchaus eine Belastung in einer längeren Beziehung gewesen. Seine damalige Freundin habe das allerdings auf andere Konflikte zurückgeführt. Sie wollte heiraten, er nicht. Sie glaubte, er wolle sich ihr entziehen, indem er ihr den Sex entziehe. Und da sei auch was dran gewesen, das war zumindest die halbe Miete. In den kürzeren Beziehungen, die er hatte, seien auch seine Freundinnen sexuell längst nicht so aktiv gewesen wie ich. Auf alle Fälle läge es nicht an mir, beteuerte Julius. Wenn es eine Frau gäbe, die er begehrenswert findet, dann mich. Und er hätte keinen Anlass zu mir auf Distanz zu gehen, indem er das Körperliche meidet, im Gegenteil. Er könnte nicht genug kriegen von mir, dennoch fehle ihm der Trieb, das sexuell umzusetzen. Ihm reiche einfach das alltägliche Miteinander.

Es würde ihn beschäftigen, ob er nicht vielleicht asexuell sei

Nicht zu hundert Prozent, aber zu achtzig. Wenn das möglich sei, vielleicht sei man auch einfach asexuell oder man sei eben nicht asexuell. Alles oder nichts, keine Ahnung, sagte er bekümmert. Ich habe Julius gesagt, dass ich mir das nicht vorstellen kann, dass er asexuell ist, weil mich noch kein Mann derart befriedigt hat wie er. Julius meinte daraufhin, nur, weil man etwas gut kann, muss man es nicht oft wollen. Er liebe mich sehr und er wolle mein Glück. Auch sei er mit der Seele dabei, wenn wir uns lieben, aber der „Rest“ käme ihm manchmal mechanisch vor. Er würde nie von allein an Sex denken und auch nicht masturbieren

Ja, in den ersten vier Wochen war das anders mit uns, das kenne er von sich, dass er am Anfang durchaus Lust hat. Und dann sei von heute auf morgen Schluss. Dann würde er diese Dimension des Zusammenseins vergessen. Es würde keine Rolle mehr spielen. Er könne verstehen, wenn das für mich ein Grund wäre, mich zu trennen. Kommt nicht in Frage, sagte ich zu Julius. Ich glaube das nicht, dass er asexuell ist, vielmehr habe ich eine andere Theorie. Ich bin keine Psychologin, dennoch, früher ist Julius schlank gewesen, womöglich fühlt er sich nicht wohl in seinem Körper. Er macht mir ständig Komplimente für meine Figur.

Vielleicht schämt er sich vor mir für seinen dicken Bauch

Dem widerspricht, dass es in den ersten Wochen lief mit uns, ich habe von Scham nichts gemerkt. Es kann aber sein, dass sich bei Julius nach und nach Komplexe aufgebaut haben. Im Rausch der Sinne war es ihm egal, und jetzt nimmt er bewusst wahr, wie er aussieht. Beobachtet sich selbst, sieht sich von außen beim Sex, fühlt sich zu dick. Kann doch sein. Niemals hätte ich meinen Freund gebeten, abzunehmen. Er gefällt mir, wie er ist. Wenn es jedoch an seinem Übergewicht liegt, dass Julius sexuell passiv ist, wenn er sich selbst nicht gefällt und das sein Begehren zunichte macht, ist das zumindest eine Option, ein Versuch.“ 


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