Wenn das Haustier zum Beziehungskiller wird

Beziehungskiller Haustier? Wie können Paare Streit über ein Haustier verhindern und welche unterschätze Rolle Verlustangst dabei spielen kann.

Die meisten Paare verhandeln dann mit dem Austausch von Argumenten und flüchten sich in Sachdiskussionen, weil die emotionale Ebene des Konflikts zu schmerzhaft ist.

„Jeden Abend bist du zwei Stunden mit den Pferden beschäftigt, deine Familie sieht dich nur noch, wenn du ins Bett gehst.“

„Aber das stimmt nicht, das ist nur eine Stunde! Und was wollt ihr denn, was ich mache? Soll ich euch was Vortanzen?“

Besser wäre, den Konflikt genauer zu benennen: „Ich fühle mich einsam, ich habe Angst ersetzt zu werden, ich fürchte die Verpflichtungen gegenüber unseren Kindern nicht alleine erfüllen zu können …“ Dann wären konstruktive Verhandlungen möglich. Aber leichter fallen Abwertungen, Stellvertreterkriege und Verallgemeinerungen.

Wenn das Haustier eine Veränderung der Beziehungs-Dynamik auslöst

Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob die Partner gemeinsam sich für ein Tier entscheiden oder ob es bereits vor der Beziehung da war oder nachträglich von nur einem Partner in die Beziehung gebracht wird. Alleine ins Tierheim zu gehen und mit einem Welpen unter dem Arm zurückkommen, muss keine schlechte Idee sein, ist es aber in sehr vielen Fällen. Dann zieht sich nämlich rasch ein Partner aus der Verantwortung und überträgt die dem Partner: „Du wolltest den Hund, dann geh du jetzt auch mit ihm raus und kümmerst dich um den Platz während unseres Urlaubs!“

Die Folge ist, dass die Partner beginnen aufzurechnen, wer denn für was zuständig wäre, wer was für wen macht und was nicht. Schnell fühlt sich einer benachteiligt und übervorteilt. Das ganze Gefüge von gegenseitiger Fürsorge kann aus dem Gleichgewicht geraten und den ständigen Vorwürfen Platz machen, zu wenig füreinander zu tun. Aus Gefälligkeiten, aus Liebe, aus Hilfsbereitschaft wird Verpflichtung und Einforderung. 

Die Sache mit der Treue der Haustiere

„Meine Tiere verlassen mich nie“, sagte eine Klientin. Aus diesem Grund würde sie immer ihre Hunde einem Menschen vorziehen.

„Ich verlasse dich, weil du deine Hunde mehr liebst als mich“, erwiderte ihr Mann. „Deine Angst, dass ich dich verlassen würde, führt genau dazu, dass du dich gleich bestätigt fühlen kannst in dieser Haltung. Und ich werde tatsächlich gehen, wenn du nicht zeigst, dass ich dir wichtiger bin. Aber nicht, weil ich ein schlechter Mensch bin, sondern weil du dein Herz nur deinen Hunden schenkst.“

Keine Frage, Tiere werden zu Projektionsflächen, wenn sie vermenschlicht werden. Und das kann so weit gehen, dass die Tierliebe als Abwehrmechanismus fungiert. Die Angst vor Verletzung, fast immer einer erneuten Verletzung, durch einen anderen Menschen ist so groß, dass die emotionale Verbindung zu Anderen verhindert wird und stattdessen auf das Tier projiziert wird, häufig jene Tiere, die zum Rudelführer oder Dosenöffner eine vorbehaltlose Beziehung aufbauen. Verkannt wird möglicherweise die Abhängigkeit des Tieres und uminterpretiert zu einem „menschlichen“ Commitment.  Dann ist das Gefühl Liebe – differenziert betrachtet – eben nicht alleine der Wunsch nach Nähe und Bindung. Sondern es ist die bewusste Entscheidung, eine Beziehung aufzubauen, zu bewahren und dauerhaft zu vertiefen. 


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