Urlaub mit einem Außerirdischen

Ähnlichkeit erzeugt Nähe

Diese Irritationen erleben wir tagtäglich mit anderen Menschen. Und mal mehr und mal weniger auch in unserer Partnerschaft. Wir gehen von uns selbst aus, dass wie wir die Welt sehen und interpretieren und wünschen uns die gleiche Weltsicht von unserem Gegenüber. Denn diese Ähnlichkeit schafft Vertrautheit und Nähe. Und so banal es klingt, das fängt beim Essen an („Wir beide lieben Pasta!“), geht weiter mit der Gestaltung des sozialen Lebens („Am Wochenende laden wir am liebsten Freunde zu uns ein.“) und hört schließlich bei den großen Themen (Karriere und Kinder, Werte und politische Einstellungen und schließlich was der Sinn des Lebens ist) auf.

Je unterschiedlicher unsere Sichtweisen sind, desto größer ist die Herausforderung für unsere Anpassungsbereitschaft und Offenheit für neue Erfahrungen, unsere Kritikfähigkeit (denn andere Ansichten stellen auch die eigenen in Frage) und schließlich auch unser Nähebedürfnis.

Entspannung oder Erlebnis?

Wie oben erwähnt, haben mein Mann und ich das mit unserer Unterschiedlichkeit nach vielen gemeinsamen Jahren ganz gut im Griff. Nur beim Thema Urlaub ist und bleibt es schwierig. Und das alle Jahre wieder. Er will entspannen, ich will was erleben. Er würde jedes Jahr zum Tauchen an den gleichen Ort fahren und das Hotel (außer zum Tauchen) nicht verlassen. Ich tauche nicht und mag am liebsten Rundreisen in Länder der Welt, die ich noch nicht kenne. Ich plane gern alles im Detail lange vor der Reise und belese mich über Land und Leute. Er fährt drauf los. Ich finde nicht, dass man mit 4-5 Romanen 5000 km weit reisen muss, um sie dann in der Sonne doch nicht lesen zu können, sondern buche lieber einen Kurs für einheimische Küche und riskiere dabei, den Tag danach mit Magenverstimmung im Bett zu verbringen. Er mag einsame Inseln, ich Großstädte. Ich bevorzuge Kurzreisen, er liebt es, die ganzen Sommerferien weg zu sein.

Wie man es dreht und wendet, wir kommen in keinem einzigen Punkt dieser freizeitlichen Vergnügung auf einen gemeinsamen Nenner. Ganz kompliziert wird es, wenn wir auch noch die Bedürfnisse unserer beiden Kinder in unsere Überlegungen einbeziehen wollen. Zum Glück haben sie altersmäßig noch keine Stimmberechtigung.

Alles in allem täten wir gut daran, den Verhandlungsmarathon über Destination, Dauer, Aktivitätsmodalitäten und planerisches Vorgehen immer schon ein Jahr im Voraus zu beginnen, um es dann tatsächlich auch bis zur Buchung einer Reise zu bringen. Da dieser Prozess allerdings kein Stimmungsaufheller und dem familiären Frieden nicht zuträglich ist, frage ich in der Regel im Mai schüchtern und beiläufig an, was Mann sich denn so für die Ferien vorstellt. In der Regel ist die Antwort, dass er noch keine diesbezüglichen Überlegungen angestellt habe, meine vorgetragenen nun jedoch überhaupt nicht teilen kann.


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