On, off, on, off, on, off…

Seit gut fünf Monaten kennen sich die beiden schon. Und in dieser Zeit haben sie sich gefühlt zehn Mal getrennt. Vielleicht waren sie auch nie zusammen. Also nicht so richtig zumindest. Sie hat ihm immer wieder klar gemacht, dass sie gerade keine enge Beziehung will. Und er hat ihr deutlich gemacht, dass er keine lockeren, unverbindlichen Spielchen mitmachen wird. Kategorisch ausgeschlossen, auf keinen Fall, unter keinen Umständen! So sei er eben. Na jedenfalls haben sich beide nicht an ihre Grundsätze gehalten.

Mal sind sie zusammen, mal „im Prinzip kein Paar mehr“, dann wieder „verdammt verliebt“. Und so weiter. Letzten Monat waren sie sogar zusammen in Wien und haben das Belvedere besucht. Da hängt Gustav Klimts Gemälde „Der Kuss“. Für mich ist ein solcher Ausflug Ausdruck dafür, dass man es schon ziemlich ernst meint. Natürlich gab es auch das obligatorische Selfie der beiden, auf dem sie sich vor dem Gemälde küssen. Von der Seite nähert sich ihnen einer dieser älteren Herren in Uniform, die den ganzen Tag lang immer wieder den einen Satz wiederholen: „Fotografieren ist hier leider verboten.“

Na jedenfalls sind Mareike und Jannes getrennt heimgekehrt. Zwar im selben Wagon und Abteil, aber eben nicht mehr als Paar. In den nachfolgenden Tagen durfte ich ihren, also Mareikes, Namen nicht mal erwähnen, wollte ich meine körperliche Unversehrtheit nicht gefährden.

Ein paar Mal kam mir der Gedanke: Die brauchen’s halt so. Es gibt ja Menschen, die sich nur spüren, wenn Spannung im Raum liegt. Miteinander klappt’s nicht, auseinander auch nicht. Aber Jannes und Mareike sind eigentlich nicht so, soweit ich das beurteilen kann. Gerade Jannes würde seine rechte Hand für eine Handvoll Harmonie mit Mareike geben. Und trotzdem wiederholt sich das Ganze immer wieder.

So richtig glücklich sind die beiden wohl nicht mit dem ständigen Hickhack. Besonders Jannes leidet unter der emotionalen Achterbahnfahrt, denn er ist wirklich nicht der Typ für amouröse Unsicherheit. Aber, wenn ich ehrlich bin: So richtig-richtig unglücklich sind die beiden irgendwie auch nicht. Trotz aller Tränen und giftigen Worte, trotz allen Rückzugs und Auseinanderdriftens. Gut tun sich die beiden wohl nicht (ich kenne nur seine Position). Aber so schlecht tun sie sich eben halt auch nicht, dass sie Abschied voneinander nehmen könnten. Oder vielleicht ist das – das klingt jetzt verdammt trivial – einfach Liebe, oder… Ich kriege Knoten in den Gehirnwindungen, wenn ich darüber nachdenke.

Doch. Da war so etwas wie Liebe in ihren Blicken. Das ließ sich nicht überspüren. Aber schlauer bin ich an diesem Abend leider auch nicht geworden. Am liebsten hätte ich eine von Mareikes Freundinnen gefragt, ob sie mich mal aufklären könne, was genau da mit den beiden gerade los sei. Aber leider war ich dazu zu feige, dem Grauburgunder zum Trotz. Und wahrscheinlich hätte sie auch keine Antwort gewusst. Ich bin dann irgendwann nach Hause, denn Jannes ist natürlich noch mit zu Mareike gefahren. Und am nächsten Tag hat er mich angerufen und gesagt, dass es keine Frau gäbe, die wie Mareike sei. Ich zähle schon die Stunden, bis er mich erneut anruft und mir erzählt, dass es wieder aus sei. Und diesmal endgültig, wahrscheinlich zumindest.


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