Mein Partner hatte eine schlimme Kindheit – ist er jetzt für immer beziehungsunfähig?

Unsere Kindheit prägt zweifelsohne unsere späteren Beziehungen. Aber verurteilen uns negative Kindheitserfahrungen wirklich zu lebenslangen Beziehungsproblemen?

Als Menschen suchen wir nach Erklärungen. Nach Gründen, die uns helfen zu verstehen, warum unser Leben gerade so ist, wie es ist. Warum unsere Beziehungen funktionieren oder auch nicht funktionieren. Spätestens seit Sigmund Freuds Einsichten in die Beschaffenheit und Funktionsweise unseres Inneren weithin bekannt geworden sind, halten Verweise auf eine „verkorkste Kindheit“ gerne als Totschlagargument in Beziehungskonflikten her.

Wenn erst einmal ein Beziehungssturm aufgezogen ist, heißt es dann oft: „War doch klar, dass du mich nicht ernstnimmst. Deine Eltern haben dich ja auch nie ernstgenommen.“ Oder: „Unsere Beziehungsprobleme hängen mit deiner unglücklichen Kindheit zusammen.“

Ohne auf den Wahrheitsgehalt derartiger Aussagen eingehen zu wollen – für eine funktionierende Beziehung sind sie Gift. Sie reduzieren unseren Partner auf die Vergangenheit und bestärken ihn darin, sich selbst nicht als selbstverantwortlichen, handlungsfähigen Menschen zu sehen, der mit Problemen umgehen und sie – zumindest teilweise – aktiv überwinden kann.

Nichts beschönigen, aber auch nicht resignieren

Ja, es gibt schwierige und schlimme Kindheiten, an denen nichts, aber auch gar nichts zu beschönigen ist. Häufig (zum Glück aber nicht immer) gehen diese mit schweren psychischen Störungen und Traumatisierungen einher. Die Liste der erlebten Gräuel reicht von physischem oder psychischem Missbrauch bis hin zu schwerer emotionaler Vernachlässigung und gravierenden Verlusterfahrungen. Wer etwas Derartiges erleben musste, trägt eine Hypothek mit sich herum – das soll nicht verharmlost werden.

Aber bis auf in wenigen extremen Fällen ist es durchaus möglich, sich aus eigener Kraft und / oder mit fremder, professioneller Hilfe wieder aus dem Sumpf einer eingetrübten Kindheit zu befreien und ein den Umständen entsprechend gutes Leben zu führen, mit dem wir zufrieden sind und das uns glücklich macht.


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