Ich wollte es nur reparieren!

Männer können alles heil machen. Damit wollen sie Frauen imponieren. Zumindest wurde ihnen das so beigebracht. Leider führt nicht jede Reparatur zum Erfolg

Ich werfe nicht gerne Sachen weg. Ich bin aber auch kein Messi, weder horte noch sammle ich irgendetwas, aber ich mag es nicht, Geräte zwei Tage nach Ablauf der Garantie – denn genau dann gehen diese Dinge kaputt – auf den Müll zu werfen. Mein Großvater sagte: „Alles lässt sich reparieren.“ Der kannte damals allerdings noch keine amerikanischen Computer-Hersteller. Aber tatsächlich machte er alles heil, was gebrochen, auseinandergefallen oder durchgebrannt war. Ein echter Handwerker. Mein Vater hielt es ähnlich – handelte es sich um Elektronik oder Mechanik der Stufe 1 bis 2. Es gab nur drei Stufen und Stufe 3 war allein für Ingenieure verständlich, also in der Art Raketenantrieb oder so. Mein Vater konnte nach eigenen Angaben also alles, was nicht ins All geschossen werden sollte, richten. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Meine Mutter wollte ihm den Spaß nicht verderben. Mit zunehmendem Alter verbrachte er immer mehr Zeit im „Bastelkeller“, wie meine Mutter sein Refugium nannte, ein feuchter Traum eines jeden Handwerkers mit einer Maximalauswahl von Freudenspendern aus dem Baumarkt. Er hatte Spaß, meine Mutter ihre Ruhe und wenn meine Freunde mit neuen Rennrädern fuhren, schlich ich mit einem Rad-Zombie aus den Leichenteilen von zehn klapprigen Zweirädern hinterher.

Wahre Männer sind Handwerker

So geprägt trat ich selbstverständlich die Erbfolge der Meisterhandwerker an. Ausgestattet mit dem passenden Genmaterial und jahrelangen Erfahrungen beim Zuschauen, beim Ausführen von Hilfsarbeiten wie Schraubenschlüssel suchen, halten und zurückräumen und – bei meinem Vater leider in den letzten Jahren – dem Bereitstellen des Feuerlöschers.

Über meine Fertigkeiten wird in meiner Ehe allerdings seit Jahren erbittert gestritten. Da war beispielsweise die Wasserkocher-Situation. Meine bessere Hälfte stellte ihn an und alle Sicherungen flogen raus. Wir stellten kurz fest, wessen Schuld das war (Tipp: Nicht meine!) und ich bot mich als Nachfahre jener Reihe oben erwähnter Do it Yourself–Helden an, schnell für Abhilfe und frischen Tee zu sorgen. Eine Stunde später benötigten wir einen neuen Esstisch. Lötkolben sind heimtückisch, manche jedenfalls. Meine bessere Hälfte fragte: „Hast du dieses Chaos angerichtet?“ Ich sagte: „Ich wollte es nur reparieren!“ Und seitdem haben wir ein hübsches, kleines Ritual für misslungene Versuche, die mehr Unheil anrichten als dass sie wirklich hilfreich sind.

Handwerker sind wahre Männer

Legendär ist die Waschmaschinen-Situation. Da hatte sogar der Nachbar unter uns etwas davon. Möbel aufbauen – kann ich eigentlich super. Irgendwas bleibt manchmal übrig, aber das brauchte es dann wohl nicht zwingend. Bei der Motorrad-Situation wurde mir allerdings mulmig. Der Typ in der Vertragswerkstatt fragte: „Das haben Sie aber nicht selbst reparieren wollen, oder?“

Ich weiß nicht, warum wir Männer uns so schwer tun, um Hilfe zu bitten oder nach dem Weg zu fragen. Vermutlich, weil uns evolutionär antrainiert wurde, uns zu beweisen und wenig Schwäche zu zeigen. Allerdings meint es die zunehmende Digitalisierung nicht gut mit uns Grobmechanikern. Klar kann Mann den Verstärker aufschrauben und nachsehen, wie in Reihe geschaltete Mikro-Chips aussehen. Und dann? Nicht einmal den Akku eines Smartphones wechseln ist heute drin!

Mehr und mehr und immer öfter gebe ich deshalb zu: Wenn es über Lampen wechseln, Router tauschen oder LAN-Kabel-Lasso hinter dem Schreibtisch hinausgeht, passe ich und überlasse das weite Feld der Reparatur den Fachleuten. Schont Wohnung, Nachbarn, Möbel und die Nerven der besseren Hälfte. Ist zugegebenermaßen eher Softie als Alpha. Aber Schwächen zuzugeben ist heutzutage ja ebenfalls eine männliche Tugend.


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