Im Bett gibt es keine Schuldzuweisungen

In Langzeitbeziehungen schleift sich oft „der kleinste gemeinsame Nenner“ ein: Die Partner wissen, was ihnen gefällt und das wird effizient abgearbeitet. Wie kann ein Paar frische Ideen ausprobieren?

Stellen Sie sich eine Kamasutrabox ins Schlafzimmer, mit Kärtchen für ungewöhnliche Anregungen. Oder spüren Sie Ihren eigenen Phantasien nach: Was schlummert in Ihrem Innern? Die neuen Ideen liegen immer ein bisschen im Tabubereich, da, wo Sie denken, „Ach, das macht der andere doch sowieso nicht mit“. Das könnte eine Schutzbehauptung sein.

Dabei wissen wir doch eigentlich alles. Aufgeklärt durchs Internet: Ist das eine gute oder eine schlechte Basis für das spätere Liebesleben?

Schlecht, schlechter und ganz schlecht. Da werden ausgefallene Techniken vermittelt, aber nicht die Antwort auf die entscheidende Frage: Warum möchte ich mit meinem Partner schlafen?

In mehreren Studien bestätigten junge Mädchen, dass sie Praktiken, die ihre Partner aus Filmen kannten, mitmachten, obwohl sie diese eigentlich nicht wollten. Wie können Mädchen ihre eigenen Grenzen erkennen und durchsetzen?

Eigene Grenzen zu setzen ist schwierig. Doch ein Mädchen sollte sich fragen, ob es wirklich einen Freund will, der auf die eigenen Bedürfnisse keine Rücksicht nimmt. Sie sollte sich auch klarmachen, dass die Filme im Internet Teil eines Geschäftes sind, welches darauf aufbaut, immer noch Ausgefalleneres zu zeigen.

Neue Ideen liegen immer ein bisschen im Tabubereich

Gerade diese überall und jederzeit erhältlichen Filme sind ein häufiges Streitthema bei Paaren. Viele Männer sehen nicht, welches Problem Frauen damit haben. Schadet das nach Ihrer Erfahrung der Beziehung?

Es kommt darauf an: Diese Bilder und Filme können süchtig machen, weil sie im Internet so schnell verfügbar sind und nie ein Ende nehmen. An eine Szene schließt sich die nächste nahtlos an. Es kann zu einer Überreizung kommen, die dann zu Lustlosigkeit auf die echte Partnerin führt.

Sie stehen dazu, dass nicht jedes Paar, das eine Sexualtherapie aufsucht, als glückliches Paar die Praxis verlässt. Gibt es eine Art Check-Liste, nach der ein Paar prüfen kann, ob es überhaupt noch eine Chance hat?

Das wichtigste Merkmal lautet: Streiten die beiden noch miteinander? Wenn ja, dann ist noch Leben in der Beziehung. Nun müssen natürlich beide noch dazu bereit sein, auch die jeweils eigenen Verhaltensweisen in Frage zu stellen. Dann haben die beiden gute Chancen. Wer nicht mehr streitet, dem ist alles egal geworden, der hat sich meist schon längst von der Beziehung verabschiedet.

Ein Partner ist unglücklich. Wie kann er die Partnerin überzeugen, eine Therapie auszuprobieren? Haben Sie bewährte Argumente oder Strategien?

Ich stelle niemanden an den Pranger und es gibt bei mir keine Schuldzuweisungen. Eine Therapie ist somit eine Chance, Neues über sich selbst zu erfahren und seinen Horizont zu erweitern. Das sollte doch ein Anreiz sein?

Kein guter Sex ohne Unlust von Beatrice WagnerDr. Beatrice Wagner
Aus dem Alltag einer Sexualtherapeutin
ISBN: 978-3-442-22101-1
€ 8,99 [D] | € 9,30 [A] | CHF 12,50
Verlag: Goldmann

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