Sehnsucht und Vermissen

In meinem Kopf beginnt es zu rattern. »Ich vermisse dich« ist eben so ein Satz, der unglaublich viel in mir auslöst. Ich vermisse nämlich auch, nur dass ich oft gar nicht so genau weiß, was eigentlich. Ihn? Uns? Oder einfach nur das, was wir mal teilten? Das, was mal so unglaublich schön war, doch seit einiger Zeit so unwiderruflich weg ist?

Ist es das eigentlich? Einfach weg? Oder waren wir damals nur nicht in der Lage, zu erkennen, was wir am anderen wirklich haben? Man sagt ja, dass man Dinge erst zu schätzen lernt, wenn sie plötzlich weg sind, und vielleicht ist das bei uns genauso. Vielleicht mussten wir uns ja trennen, um zu begreifen, dass wir eigentlich perfekt füreinander sind?

Ich meine, wenn man permanent das hat, was man will, wird es dann nicht automatisch irgendwann langweilig und eventuell sogar ganz doof, weil es nichts mehr gibt, das man noch vermissen könnte? Ist es dann nicht ganz natürlich, einfach andere Dinge zu vermissen? Freiheit zum Beispiel. Oder das Singleleben. Nicht, weil man das wirklich will, sondern bloß, weil man’s nicht hat.

So, wie wenn man eine echt leckere Pizza vor sich hat und dann denkt, dass ein Döner doch irgendwie geiler wäre. Und dann steht man da und muss sich überlegen, ob man die Pizza jetzt stehen lässt und sich einen Döner holt, weil man weiß, dass man nicht beides haben kann, oder ob man bei der Pizza bleibt. Bei mir siegt dann im Normalfall die Sehnsucht, also Sehnsucht nach dem, was ich nicht habe – dabei ist es eigentlich total egal, ob ich jetzt eine Pizza oder einen Döner habe, denn am Ende macht mich beides satt.

Während ich darüber nachdenke, ob ich die Botschaft meines Exfreundes lieber mit einem Döner oder einer Pizza herunter schlucke, wird mir plötzlich bewusst, dass vermissen und Sehnsucht zwei vollkommen unterschiedliche Dinge sind, die nur eine kleine Gemeinsamkeit haben: In beiden Fällen fehlt ein essenzielles Stück zum Glück.

Vermissen ist allerdings ein bisschen so, als wäre man permanent seekrank. Es ist ein schlechtes Gefühl, ein ekliges, dumpfes Bauchgefühl, das man irgendwie nicht haben will, wohingegen die Sehnsucht wirklich schön ist, weil sie einen antreibt, also dort hin, wo man wirklich hin will.

Ich vermisse nicht. Nicht ihn, nicht uns und auch nicht das, was wir mal teilten und ich glaube, er vermisst das also auch nicht, also mich oder uns oder das, was wir mal waren. Wir haben beide einfach Sehnsucht, weil wir viel zu lange ohne waren, ohne Sehnsucht, ohne das, was sie erfüllt.


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