Liebe im Schnelldurchlauf

Tag 8:
Manchmal hat man sich nichts zu sagen. Wir sitzen bereits zwei Stunden im Regen und lauschen dem Wind, der die Blätter von den Bäumen reißt. “Ist es Herbst?”, fragst du mich. Ich schüttele den Kopf und beginne zu frösteln. “Ich glaube, es ist Herbst”, sagst du und drückst deine warme Brust an meinen Körper. Bilder entstehen in meinem Kopf. Wie du mich berührst. Wie du mich streichelst. Wie du mich ansiehst. Wie du mich küsst. Wie du mich ansiehst bevor du mich küsst. Ich zucke zusammen und du rückst automatisch ein Stück von mir weg. Ein winziger, kaum bemerkbarer Spalt entsteht zwischen uns. “Das war so nicht gemeint, komm zurück”, denke ich und schweige.

Neue Bilder entstehen. Wie du nach unten siehst. Wie du weg siehst. Wie du dich zur Seite drehst und dir eine Kippe ansteckst. Wie du weißen Rauch in die Dunkelheit bläst. Wie du eine Kippe ansteckst, um runter zu kommen. Auf den Boden. Dabei sitzen wir doch schon.

“Ich muss gehen”, lüge ich und schleiche davon. Ich verwische die Bilder in meinem Kopf und es entsteht ein schwarz, weißes Muster. Ähnlich wie ein Schachbrett, doch viel mehr wie ein schwarz, weißer Meteorit, der auf die Erde fällt und in tausend Einzelheiten zerspringt. Zusehen ist ein Haufen voller Unordnung. Der mehr Verzweiflung mit sich bringt, als man jemals zu zweifeln glaubt. Und so schleiche ich davon, mit meinem Muster in schwarz, weiß.

Tag 9:
Vom Rauch umgeben, wie in einem Kokon, stehe ich dir wieder gegenüber. Ich suche nach deinem Wimpernschlag und deinen müden Augenliedern, doch sehe nichts als kalte Dunkelheit. Ich versuche deinen Arm zu fassen, doch greife in schweigende Leere. Ich versuche einen Schritt auf dich zuzugehen, doch trete auf kalten Asphalt. Ich versuche deinen Namen zu sagen, ganz leise, kaum hörbar, flüstere ich deinen Namen in die schwarze Nacht, der schweigenden Leere entgegen, auf den feuchten Asphalt. Und wie der letzte Buchstabe über meine Lippen gleitet, löst sich der Rauch in eine Staubwolke auf. Und du bist fort. Fort von mir.

Tag 10:
Ich sitze im Zug, der Richtung Heimat fährt. Da wo man mich bereits sehnsüchtig erwartet. Und während ich aus dem Fenster schaue, auf dem sich der feine, wispernde Regen niederlässt, realisiere ich, wie schwer es ist, den Verlust einer Person zu ertragen, die noch am Leben ist. Goodbye, my lover.


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