Der Mann, der mein Leben veränderte

„Falls du nicht kommst, frag ich nie wieder“

Am darauffolgenden Morgen reichte mir ein anderer Mitarbeiter einen handgeschriebenen Zettel. „Wenn du magst, zeig ich dir heute Nachmittag die Gegend. Ich warte um eins am Jeep. Falls du nicht kommst, frag ich nie wieder – versprochen.“ Ich fühlte meinen Magen rumoren und den Knoten im Hals. Es musste nichts bedeuten, doch das tat es, zweifellos. Ich rang mit mir für volle vier Stunden, dann ging die Vernunft als Verlierer vom Platz. Wir fuhren zu einer Mango-Plantage, suchten Koalas im Eukalyptuswald, aßen australische Schokolade und versenkten die Füße im Meer. Stundenlang polterte mein Herz mit einer Schlagkraft gegen die Rippen, dass ich befürchtete, sie könnten jeden Moment mit einem ohrenbetäubenden Knacks zerbrechen. Doch nichts dergleichen passierte. Nichts, das mich von ganz allein aus dieser Situation befreit hätte. Aus diesem irrsinnigen Gefühl.

Ich hatte mich noch nie so erbärmlich gefühlt

Wir liebten uns tagelang und es war nie, niemals zuvor so gewesen. Ich war ihm verfallen mit jeder Faser und sobald er mich nur ansah, begann meine Haut zu prickeln. Wir fuhren zu abgelegenen Stränden, tief ins Landesinnere und wo auch immer wir waren: Ian mit seiner unstillbaren Abenteuerlust in den Augen und der tiefsinnigen Art, die Welt zu betrachten, brachte in mir eine Leidenschaft zutage, von deren Existenz ich bis dahin nur ganz dunkel etwas geahnt hatte. Ich wurde lebendig durch ihn. So abgedroschen es klingt, so wahnsinnig filmreif war es mit uns. Schon sehr früh hatte ich Anton mit der Wahrheit konfrontiert. Es zog ihm den Boden unter den Füßen weg und in meinem ganzen Leben hatte ich mich nicht so erbärmlich gefühlt. Ich wand mich wie ein Hund, konnte nicht ertragen, ihm so sehr weh zu tun. Doch mich für einen Fehltritt zu entschuldigen, wäre nur eine feige Lüge gewesen. Dennoch bat ich um Verzeihung mit all meinem Mut – dafür, nicht früher gesehen zu haben, dass mir unser Leben nicht reichte. Dass er zu meinem Glück nicht reichte.

Nach Deutschland flog ich im Frühjahr als anderer Mensch zurück. Komisch, dass ich mir genau diesen Effekt erhofft, die Konsequenzen aber nie für möglich gehalten hatte. Anton war nicht da, als ich die Möbel zum vereinbarten Zeitpunkt aus der Wohnung holte. Ich kann es ihm nicht verdenken, doch es wäre schön, ihn irgendwann mal wieder zu sehen. Ian hat im vergangenen Jahr geheiratet – zugegeben, es gab mir einen kleinen Stich. Doch auf den Fotos im Internet sah er genau so glücklich aus, wie ich ihn kennenlernen durfte, und wie ich es selbst mittlerweile bin. Im Winter vor vier Jahren hat er mich genau dort gefunden, wo ich abgeholt werden musste. Um mich und mein Herz wirklich ergründen zu können. Heute weiß ich, was ich in einer Partnerschaft wirklich brauche und investiere in diese Liebe, was ich nur kann. Ein Geschenk, das ich ohne Ian vielleicht niemals gefunden hätte.


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