Was passiert, wenn ein Partner mauert?

Zufall oder nicht, einige Lebensgefährtinnen hatten ebenfalls eine schwierige Kindheit erlebt, geprägt von Trennungen und Mangel an Zuwendung. Wenn man sich kennenlernt – und im besten Fall, wenn beide verliebt sind, – blendet man oft viele unangenehme Aspekte aus. Wie kann ich von meiner Freundin erwarten, dass sie von Anfang an offen über ihre Probleme redet, wenn ich es nicht schaffe? Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass beide Partner Verantwortung am Scheitern tragen. Letztendlich spielt es nämlich keine Rolle, wer sich in dem Moment eher passiv oder eher aggressiv verhält, um Konflikten aus dem Weg zu gehen.

Die “Schneckenhaus”-Strategie führt zwangsweise in die Sackgasse

Wurde der Streit zu heftig, habe ich mich oft ins Schlafzimmer zurückgezogen oder bin einfach raus an die frische Luft. Ich verstand nicht, woher diese Wut kam und richtete sie gegen mich. Ich hatte nicht verdient, eine glückliche Beziehung zu führen, redete ich mir ein. Ich fühlte mich überfordert und gab mir meistens die Schuld an der Misere. Statt nach Lösungen zu suchen, fand ich es einfacher, die Flucht zu ergreifen.

Heute überlege ich immer öfter, was ich unternehmen könnte, bevor die nächste Krise ausgelöst wird. Ich versuche, Probleme nicht mehr zu ignorieren, nur weil sie einen heftigen Stress verursachen. Ich würde mir wünschen, dass diese Ängste sich aus meinem Leben ein für allemal verabschieden. Jede Beziehung ist an sich eine neue Herausforderung. Jede Liebesgeschichte besitzt ihre eigene Dynamik, neue Ups und andere Downs. Manchmal frage ich mich, ob ich trotz meiner Erfahrungen wirklich dazu gelernt habe. Ich lasse mich auf ein neues Abenteuer ein, eine neue Reise ins Ungewisse. Wenn eine dunkle Wolke am Horizont erscheint, darf ich nicht denken, dass meine heile Welt bald zusammenbricht. Wenn ich in mich gehe, tief Luft hole, finde ich auch genügend Kraft, um den obersten Stein meiner Mauer zu lockern. Es fordert Überwindung und Mut, weil ich mich verwundbar mache, aber innerlich fühlt es sich gut an: Licht statt Dunkelheit, sich nicht länger vor dem Ungewissen fürchten.

Nicht mehr den Weg des geringsten Widerstands gehen

Auf der anderen Seite erscheint es mir genauso wichtig, Grenzen zu setzen. Ich möchte nicht mehr den bequemen Weg des geringsten Widerstands gehen, nur aus Angst vor Zurückweisung. Auch “Nein” sagen zu können, wenn ich mich nicht mehr wohl fühle. Wenn ich riskiere, faule Kompromisse einzugehen, nur weil ich diesen besonderen Menschen nicht verlieren möchte. Manchmal befürchte ich, nicht genügend innere Stärke zu besitzen, um “Stop” zu sagen. Dann sehne ich mich wieder nach dieser Mauer, hinter der ich mich wie früher verstecken könnte. Wichtig ist für mich die Erkenntnis, dass es Rückschläge geben kann und mich nicht entmutigen zu lassen. Was habe ich zu riskieren, wenn ich mir treu bleibe? Ich akzeptiere meine Ängste als ein Teil von mir. Ich erkenne, dass Reden immer sinnvoller ist als Schweigen. Kleine Schritte sind manchmal ein großer Erfolg.


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