Verzeihen macht glücklich

Ein Beispiel aus der Praxis soll das greifbar machen. „Sie verstehen, dass ich misstrauisch bin?“, fragte mich kürzlich Renate T., die mit ihrem Ehemann Matthias T. eine Paarberatung aufgesucht hat. „Mein Ex-Mann hat mich zwei Jahre lang betrogen, ich habe davon erst erfahren als er sich schlussendlich gegen mich entschieden hat. Diese Zeit hat er mir gestohlen, das wird mir nie wieder passieren.“ Wofür sie um Verständnis bat: Sie hatte heimlich eine Tracking-App auf das Smartphone von Matthias aufgespielt und ihn so ausspioniert. So wusste sie immer, wo er war. Er hatte keine Ahnung davon. Bis sie ihn zur Rede stellte, weil er früher als sonst das Büro verlassen hatte, um mit einem Schulfreund, der sich spontan zu Besuch angemeldet hatte, den Nachmittag zu verbringen. Renate hatte er nicht informiert, die sah aber seine Standorte und die waren Hauptbahnhof (zum Abholen), Hotel in Bahnhofsnähe (zum Einchecken) und dann ein Spaziergang im Park und ein kurzer Stopp in einem Café.

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„Wichtig ist vor allem, dass Matthias das versteht“, entgegnete ich und fragte den Ehemann, wie es ihm damit ginge. Der explodierte förmlich. „Ich wusste, dass sie betrogen worden war. Ich weiß auch mit ihren Nachfragen umzugehen, wenn sie plötzlich wieder Angst bekommt, aber mit dieser App hat sie eine Grenze überschritten, die ich verstehen, aber nicht verzeihen möchte. Eine Beziehung braucht Vertrauen und wenn sie das nicht aufbauen kann, dann ist sie nicht die richtige Partnerin für mich. Es tut mir leid, aber ich bin nicht hier, um unsere Beziehung zu retten, denn die hat sie zerstört. Ich will ihr nur noch helfen, wieder Halt zu finden, damit ihr das nicht wieder passiert. Das ist meine letzte Liebeshandlung für sie.“


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