Und was ist mit …? Die Whataboutism-Falle in Beziehungen

Wenn der Streit eskaliert und der Partner Argumente anbringt, die mit dem Anlass nichts zu tun haben: Whataboutism in Partnerschaften ist nicht nur im gesellschaftlichen Diskurs die Pest, sondern auch zuhause.

Whataboutism in Beziehungen zeigt Hilflosigkeit

Einer der vier „apokalyptischen Reiter der Paarkommunikation“ ist Verteidigung. Wer kritisiert wird und in seinen Antwortsatz irgendwo ein „aber“ einbaut, der nimmt die Meinung des anderen nicht wirklich an, sondern relativiert. Und genau das geschieht bei Whataboutism. 

Die Folge: Der Kritisierende fühlt sich nicht ernstgenommen mit seinen Sorgen und Ängsten – und legt nochmals nach. Entweder indem er nochmals zu erklären versucht, was er meinte, oder indem er weiter ausholt und die Kritik verschärft. In nahezu keinem Fall wird es dadurch zu einer Annäherung kommen, denn nun sind die Fronten erst recht verhärtet und der Konflikt wird garstig.

Wie kommt man raus aus dem Whataboutism? Mit Deeskalation

Deeskalation ist leichter gesagt als getan. Aber Deeskalation fällt nach der ersten Angriffswelle erheblich leichter als nach der zweiten, weil die fast immer bereits heftiger ausfallen wird ist als der erste. Streitende sollten immer daran denken, dass Worte, die erst einmal ausgesprochen wurden, nicht zurücknehmbar sind. Und dass der Ausgang jeden Konfliktes in den ersten Momenten entscheiden wird. So wie Sie einsteigen, so steigen Sie vermutlich aus. 

Den Kreislauf unterbrechen Sie, wenn Sie die Kritik vor allem erst einmal annehmen. Sie müssen nicht der gleichen Meinung sein, aber auf jeden Fall bemerken Sie, dass Ihr Partner aufgewühlt ist und genau das sollten Sie zum Ausdruck bringen. „Ja, das verstehe ich, dass du dich darüber ärgerst.“ Damit nehmen Sie Ihren Partner und seine Gefühle ernst. Danach können Sie noch hinzufügen: „Was wünschst du dir, was ich mache?“ Und dann sind Sie bereits in der Verhandlung über den Konflikt.

Das bedeutet nicht, dass Sie jeden Angriff und jede Kritik hinnehmen müssen. Sie dürfen gerne sagen, dass Sie sich ungerecht behandelt fühlen, weil sie den Konflikt ganz anders empfinden – aber das machen Sie NACHDEM Ihr Partner seine Argumente und seine Sicht vorgetragen haben. Sie schießen NICHT sofort zurück und schon gar nicht mit einem Vergleich, der sowieso nur hinken kann.

Whataboutism ist nicht nur im gesellschaftlichen Diskurs die Pest. Whataboutism ist eine Nebelbombe, die vor allem gezündet wird, wenn die vorangegangene Kritik auf einen niedrigen, verletzten Selbstwert und damit auf Hilflosigkeit getroffen ist. Das ist schon in den Kommentarspalten schwer zu ertragen und führt dort ja auch sichtlich zu nichts. Zuhause können Sie darauf ganz sicher ebenfalls verzichten.


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