Mein Weg aus der Opferrolle

In Gesprächen mit einer Kollegin, deren Mann NPS-diagnostiziert ist, kam ich dann auf die Folgediagnose Narzisstische Persönlichkeitsstörung. Ich begann mein intensives Studium diverser Internetseiten zu diesem Thema und der Hintergründe der NPS. Mein Ehrgeiz war geweckt worden. Mein Vorsatz lautete fortan: „Ich liebe ihn gesund. Ich heile seine tiefen Narben der Kindheit. Ich bin stark, ich schaffe das. Geht nicht, gibt’s nicht!“ Mehrere gemeinsame Therapieversuche folgten, scheiterten aber kläglich aufgrund mangelnder Einsicht beiderseits.

Eines Tages stieß ich auf einen Leidensgenossen, der sich durch einen berührenden und ergreifenden offenen Brief an seine Freunde seinen Frust von der Seele schrieb. Wie das Leben so spielt, trafen wir uns durch Zufall an meiner Arbeitsstelle, und aus Dankbarkeit über die gute Behandlung wurde ich mehrfach bekocht – in einem vollkommen verdreckten Haus unter hygienisch sehr fragwürdigen Bedingungen (drei Katzen und ein irischer Wolfshund sorgten für den entsprechenden Naturhaarteppich).

Hier startete mein Loslösungsprozess aus dieser Wahnsinnsbeziehung. Ich hinterfragte, warum ich mich in einem Haus wohlfühlte, in dem es aussah wie bei den Barbaren, und mir zu Hause die Decke auf den Kopf fiel. Mir kam in den Sinn, dass hier etwas absolut nicht stimmte! Dazu kam noch, dass Vereinbarungen der aktuellen Therapie wieder einmal nicht eingehalten wurden. Ich war nicht mehr bereit, meine Grenzen torpedieren zu lassen. Meine Devise wandelte sich zu: „Mit mir nicht mehr! Niemand behandelt mich so!“

Es kam, wie es kommen musste: Ich wollte die gefühlt tausendste Trennung.

Bis zu diesem Zeitpunkt war ich immer noch der festen Überzeugung, alles sei allein seine Schuld. Er müsse sich doch endlich seine Krankheit eingestehen, und alles würde gut werden, denn dann könnte er – und auch nur er – daran arbeiten und sich ändern. Ich musste ja nicht, denn ich war ja normal. Nie im Leben kam mir in den Sinn, dass auch ich etwas beigetragen hatte. Ich war das arme, arme, arme Opfer, das sich in sein Opfersein hilflos ergab und im eigenen Mitleid badete.


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