Krieg und Frieden in der Liebe

Ich benutze in Beratungen oder Trainings gerne das Bild vom Tennisfeld und die Regeln im Tennis als Symbol für Paarbeziehungen. Damit will ich verdeutlichen: Ich bin dann bei mir, wenn ich auf meinem Feld bleibe; es ist nicht erlaubt, über das (neutrale) Netz zu greifen, den Ball im Spielfeld gegenüber anzunehmen oder das Netz zu berühren. Ich darf den Ball schlagen, wenn er in meinem Feld ist. Und wenn ich einen langen Ballwechsel (eine lange Beziehung) haben will, ist es hilfreich, den Ball so zu spielen, dass mein Gegenüber ihn gut erreicht beziehungsweise trifft. Wenn ich jedoch so hart aufschlage, dass der oder die andere den Ball nicht einmal berühren kann, dann mache ich nur Punkte. Ich gewinne das Spiel zwar nach den Regeln, doch die Partnerschaft ist zerbrochen. Da ist es ein schwacher Trost, dass ich wenigstens Recht behalten habe.

Denken Sie selbst darüber nach, wie oft Sie im »Spielfeld« des Partners stehen, wie oft Sie sich in Dinge einmischen, die Sie nichts angehen, oder ihn ungefragt manipulieren. Gute Mittel gegen Einmischung und »Beziehungsbrunnenvergiftung« sind Pragmatismus, bei sich bleiben, Verantwortung für sich übernehmen. Beim Tennis ist es nicht erlaubt, übers Netz zu kommen und den Ball im anderen Feld zu spielen. So ist es auch, wenn wir gute Beziehungen wollen. Wir dürfen den Ball nicht im Feld des Gegenübers berühren, wir müssen warten, bis der Ball sich in unserem Spielfeld befindet. Konkret ist gemeint, dass wir warten sollten, bis wir eine Einladung bekommen, um z. B. etwas zu sagen. Manchmal hilft es zu fragen: »Willst du von mir dazu etwas hören?«

Wenn wir ein harmonisches Spiel wünschen, müssen wir den Ball so spielen, dass das Gegenüber den Ball auch erreicht und zurückspielen kann. Dagegen wäre es nicht hilfreich, mit unerreichbaren Aufschlägen einen Punkt nach dem anderen zu machen. Dann hätte man zwar gewonnen, aber nichts zu einer Beziehung beigetragen, in der gemeinsames Wachstum im Vordergrund steht.

Mathias Voelchert
Zum Frieden braucht es zwei, zum Krieg reicht einer
ISBN: 978-3-466-34620-2
Verlag: Kösel


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