Keine Angst vor der Wahrheit

Ich schlage die Eier in eine Schüssel und sondiere meine Optionen. Ich kenne sie längst, denn in den letzten Wochen habe ich ununterbrochen alle Möglichkeiten abgewogen. Ich habe meine Argumente hinterfragt und versucht, in mich hineinzukriechen und meine Angst zu fassen zu kriegen. Im Grunde habe ich zwei Optionen: Entweder ich rede ehrlich mit ihm und breche ihm damit vermutlich das Herz. Oder ich lasse mich drauf ein, obwohl ich nicht bereit für diesen Schritt bin, und werde unglücklich. Beide Aussichten sehen in meinen Augen nicht gerade rosig aus.

Ich wende das Rührei. Vielleicht läuft es auch ganz anders. Vielleicht versteht er mich. Es wird ihm wehtun, das ist schon klar. Aber vielleicht, ganz vielleicht, ist es okay für ihn. Oder vielleicht verzieht sich meine Angst, wenn wir erst einmal zusammenwohnen. Vielleicht wird es viel besser, als bei den Malen davor. Vielleicht sind wir auch dann noch perfekt. Vielleicht.

Ich atme tief durch und schiebe das Rührei auf eine große Platte. So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben. Ich muss mit ihm reden. Ich gehe zum Tisch und spüre seinen Blick in meinem Rücken.

„Sollen wir?“, frage ich einladend. Wir sitzen uns gegenüber und reden erst einmal über Belanglosigkeiten. Das ist gut zum Auflockern. Nachdem wir mit dem Essen fertig sind, hole ich tief Luft.

„Ich muss mit dir reden“, sage ich. „Oh, Gott sei dank!“, ist seine Antwort. Ich muss lachen und spüre, wie meine Anspannung abfällt. Es wird alles gut. „Hör zu, ich liebe dich und ich will wirklich nichts lieber, als bei dir sein! Aber ich kann einfach noch nicht mit dir zusammenwohnen. Es fühlt sich nicht richtig an. Noch nicht zumindest. Ich sage ja nicht, dass ich nicht irgendwann dazu bereit bin. Aber jetzt fühle ich mich einfach nur da hineingedrängt. Und so will ich meine Zukunft mit dir nicht beginnen.“


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