Der Grund, weshalb viele Beziehungen zerbrechen

Warum? Weil unser Partner kein perfekter, omnipräsenter Helfer sein will – das ist nämlich auf Dauer unendlich anstrengend und unbefriedigend! Und weil er ein solch perfekter Helfer niemals wird sein können. Ganz einfach, weil er eben „nur“ ein Mensch ist. Das nennt sich Realitätsprinzip. Wir alle machen ständig Fehler, auch in unseren Beziehungen. Das ist menschlich – beißt sich halt leider nur mit dem Perfektionsanspruch an das „ALLES“. (Übrigens, man braucht kein ALLES, um sich in einer Beziehung fallenzulassen.)

Eine ganz und gar teuflische Dynamik

Und schon sind wir bei einer geradezu teuflischen Dynamik angelangt. Idealisierung geht mit einem bestimmten Bild des Anderen einher, mit bestimmten Erwartungen. Letztere werden von der Realität enttäuscht. Man ist enttäuscht, vielleicht sogar verärgert, dass der Andere „versagt“ hat. Die Folge sind negative Gefühle und Stimmung, Wut beispielsweise. Die darf nun aber nicht (ständig) an die Oberfläche, denn wir selbst haben uns ja in der Rolle einer/eines harmlosen Bedürftigen ganz gut eingerichtet. (Ja, wer ein ALLES braucht beziehungsweise zu brauchen meint, ist bedürftig.) Da müssen wir uns also etwas Anderes „ausdenken“. Nörgeln, herumzicken, kritteln – alles Wege, schwelender Unzufriedenheit irgendwie Luft zu verschaffen, ohne gleich einen großen Konflikt zu riskieren.

Im schlimmsten Fall wird der Partner über Jahrzehnte gegrillt. Strategischer Sexentzug, Abwertungen in der Öffentlichkeit („Du bist aber auch wieder mal ein Dummerchen“), gezielte und/oder unbewusste Einflussnahme auf das Bild des Partners bei den gemeinsamen Kindern – das sind nur einige mögliche Strategien, die eines gemeinsam haben: Sie führen aus einer (enttäuschten) Idealisierung direkt in die Beziehungs-Sackgasse namens Abwertung. Der Partner soll geformt werden, verbogen, zurechtgebogen. Doch das klappt nicht zur vollsten Zufriedenheit. Niemals. Also wird weiter gestichelt, weiter manipuliert. Vergebens.

Beide stehen mit leeren Händen da

Am Ende hat – mindestens – eine Seite auch noch das letzte Körnchen Respekt vor dem Anderen verloren. Nicht selten ist das der idealisierende Part. Insgeheim hätte man sich gewünscht, dass sich der Andere wehrt und den ganzen Unfug beendet. Ein Machtwort spricht. Paroli bietet. Aber er/sie hat es nun mal nicht getan, sondern die Dinge einfach laufen lassen, und zwar jahrelang. Und jetzt steht man da, verkrampft, verbittert, beide mit leeren Händen, und die Zeit, die vergangen ist, kann nicht mehr zurückgedreht werden.

Je nachdem, wie abhängig man vom Anderen ist, kann eine solche Partnerschaft noch lange Zeit fortgesetzt werden. Glücklich ist sie zwar nicht mehr, aber auf ihre Weise stabil. Man könnte von einem Gleichgewicht des Grauens sprechen.

Oder aber, sie zerbricht. Und in diesem Fall, auch wenn es sich herzlos anhört, kann man beiden Partnern einfach bloß gratulieren.


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