Was ist, wenn der Wunschpartner eine schreckliche Familie hat?

Familienstreit beim ersten Treffen

Linda ist entsetzt über diesen Empfang und wundert sich, dass Theo es offenbar ganz normal findet, wie sich seine Mutter verhält: „Er kannte es wohl nicht anders, und er hat sich auch nicht darüber aufgeregt, das irritierte mich. Er ist seelenruhig in die Küche gegangen und hat uns eine Flasche Wasser und zwei Gläser geholt. Rita schaute ungerührt weiter fern, sie glotzte auf die Glotze. Einmal sah sie hoch und sagte: „Ihr habt doch nicht gedacht, dass ich etwas koche – oder? Ich verstehe nicht, warum Menschen kochen.“ Ich fragte sie, wie sie sich denn ernährt. Ich habe das höflich gefragt. Sie antwortete, dass sie sich Essen aus der Imbissbude holen. „Hans geht jeden Tag los und besorgt was.“ Dann schaute sie weiter fern. Ich hatte Hunger, meine gute Laune war weg. Dem Vater von Theo war das alles peinlich, das hat man gemerkt. Aber er machte keine Anstalten, gegen seine Frau aufzumucken. Er fragte uns, ob er Essen vom Chinesen holen solle. Ich flüsterte Theo ins Ohr, dass ich lieber nach Hause möchte. Und auf dem Rückweg haben wir uns zum ersten Mal gestritten, Theo und ich. Es war ein Keim des Misstrauens gesät, aber nicht zu knapp. Ich wollte wissen, was da los ist in seiner Familie, ob es etwas mit mir zu tun hat, dass Rita derart unfreundlich war. Ich war verletzt, ich fühlte mich abgewiesen, und ich habe Theo damit gelöchert, ob seine Mutter vielleicht ein schlechtes Bild von mir hat, weil er ihr etwas Negatives von mir erzählt hat.“

Wen heiratet man: Den Partner oder die Familie?

Theo rückt mit der Wahrheit raus und gesteht Linda, dass seine Mutter weder beruflich aktiv sei noch sonst irgendetwas tue, geschweige denn kochen und backen. Sie lehne auch jede Art von Besuch ab, denn es könne ja sein, dass sie in die Verlegenheit kommt, vielleicht eine Tasse Kaffee kochen zu müssen. Sein Vater sei sehr gesellig, doch er stehe unter der Fuchtel von Rita und würde nur unter großen Beschimpfungen von Rita durchsetzen können, dass er im Sommer zum Beispiel einmal Nachbarn zum Grillen einlädt. Es gehe nur unter der Voraussetzung, dass Rita nichts tut, dass sie nur im Garten sitzt und sich bedienen lässt.

„Oh Gott“, rutschte es Linda raus, „das ist ja der Horror.“ Was würde auf sie zukommen, wenn sie mit Theo eine Familie gründete? Hier war keine Aussicht auf eine italienische Großfamilie, auf Wärme und Herzlichkeit. „Na ja, ich heirate ja Theo, nicht seine Eltern“, sagte Linda sich. „Irgendwo muss jeder Kompromisse eingehen. Vielleicht ändert sich noch etwas, wenn Rita Großmutter wird.“ Linda malte sich aus, dass sie mit gutem Vorbild vorangehen könnte. Wenn sie Rita und Hans einladen und bewirten würde, könnte das vielleicht Rita anspornen. Vielleicht musste man sie einfach fordern. Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben.


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