Über das Gießen von toten Pflanzen

Das Beste war aber: Ich kam nach einem langen Tag in beiden Jobs heim, total fertig, weil es draußen heiß und schwül war, er lag auf dem Sofa, das Fahrgestell ordentlich gen Fernseher ausgerichtet, den Controller fest in beiden Händen, und fragt mich tatsächlich noch: „Wann kochst du? Ich habe Hunger!“ Ich blöde Kuh habe gekocht. Innerlich und was zu Essen.

Am Muttertag hat er dann beschlossen, dass er lieber heimlich nach Single-Börsen und einer neuen Wohnung sucht, mit der Begründung, dass er gekränkt war – weil ich alleine mit meinem Sohn im Kino war. Habe ihn wohl zu arg mit seinen Unzulänglichkeiten konfrontiert, auch hier erschien für ihn Abhauen als die bessere Lösung. Und ich? Habe die Pflanze weiter gegossen, die Blätter hingen damals schon wahnsinnig schlaff, aber ich habe sie gegossen. Weil ich immer wieder hoffte, dass es wieder wird, dass die Pflanze wieder blüht.

Nach sehr langen und sehr anstrengenden zwei Jahren hat er mich dann verlassen. Er hat mir meine Entscheidung, die ich schon lange hätte treffen sollen, aber nicht treffen konnte, abgenommen. Er hat die Pflanze von der Fensterbank genommen und auf den Kompost geworfen. Ich habe sie schließlich ein letztes Mal wieder hochgeholt und versucht, zu gießen und zu retten. Weil ich immer noch gehofft hatte, dass sie wieder blüht. Habe mich an eine Idee geklammert, die ich nicht erklären kann. Aber diese letzte Phase habe ich vermutlich gebraucht. Ich war wieder auf dem Weg zu mir selber, habe bewusst wahrgenommen, wie viel Energie mein aussichtsloser Kampf gegen seinen Egoismus mich kostet, wie oft ich mit Herzrasen vor lauter Aufregen da saß, wenn wir per WhatsApp gestritten haben, weil er sich wieder wichtiger nahm als alles andere. Es gab immer nur seine Meinung und seinen Standpunkt.

Seit einigen Wochen ist nun ganz Schluss. Seither merke ich, dass meine Wurzeln sich wieder kräftigen und die Blätter sich aufrichten. Und meinem kleinen pubertierenden Ableger geht es besser denn je. Wir genießen das Leben, die Freiheit und die Harmonie – das beste Umfeld, das eine Pflanze haben kann – wir blühen wieder!

Danke, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Ich weiß, ich schaffe das Leben auch alleine! Zumal man als Alleinerziehende alles ist – nur eben nie allein.

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